Die neue Generation macht des Werbern nicht leicht. Die alten Rezepte für Markenkommunikation funktionieren nicht mehr und die Generation YZ ist sehr sprunghaft. Dennoch lässt sie sich für Marken begeistern.
Lange Zeit galten Reason Why-Argumente als langweiliges, notwendiges To Do einer sinnstiftenden Markenführung. Nun rücken solche Aussagen bei den neuen Verbraucher wieder stärker in den Blickpunkt: Sie belegen schließlich, dass trotz aller „emotionaler Werbung“ Leistungsversprechen tatsächlich einhalten werden. Über Nachweise, Vergleiche, Vorteile, Auszeichnungen…
Siegel wirken. Auch bei Gen YZ. Subtil, aber sie wirken. Sie geben Sicherheit bei Wahlentscheidungen. Siegel und Auszeichnungen wirken dabei umso besser, je klarer der Mehrwert für die ausgezeichneten Produkte ist. In einem Zeitalter des „Immer-weniger-Lesens“ hilft eindeutige Symbolkraft: Etwa das „V“ für veganeLebensmittel, das durchgestrichene Weizenkorn für „glutenfrei“, das Siegel „Öko-Test“… Wenn Ypsiloner Siegel nicht verstehen, dann lassen diese sie kalt. Stehen aber Auszeichnungen auch im Einklang mit der Markenpersönlichkeit und der Werthaltung eines Unternehmens, dann unterstützt das die Authentizität. Dann sind auch die werbekritischen Ypsiloner eher bereit, mehr über eine Marke erfahren oder entdecken zu wollen.
Über den Experten
Keynote Speaker und Business Expert Hermann Wala ist Bestsellerautor des Buches „Meine Marke“. Seit mehr als 25 Jahren sammelt der Markenexperte Erfahrungen im Bereich Marketing.
Vom Ende der Markenloyalität
Leider geht es aber insgesamt zurück mit der Markentreue. Ein Trend besonders bei den neuen Verbrauchern aus Gen YZ, den die Harvard-Professorin Youngme Moon als gravierenden Umbruch für künftige Markenbeziehungen sieht. Für sie hat Markenloyalität mittel- bis langfristig ausgedient. Ihre radikale Prognose stützt sie dadurch, dass Information Overload und Hyperwettbewerb dazu führen, dass Verbraucher den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Kommunikation mit jungen Konsumenten gestaltet sich immer komplexer und weniger zwingend. Pragmatisches und opportunistisches Verhalten setzt sich laut Moon immer stärker durch. Rein markenloyales Verhalten geht deutlich zurück, schränkt sie in ihrer Auswahlmöglichkeiten ein. Gen YZ hat schließlich verstanden: Sie sind ja nicht blöd!
Auch wenn sich digitale „Bespaßung“ nicht unmittelbar auf Umsätze und Erträge ummünzen lässt, sind Content-Werkzeuge unverzichtbar für die Markenführung bei Ypsilonern und den Digital Natives aus Gen Z. Was die Millennials online berührt, schafft Salienz. Aufmerksamkeitsstarke Clips, Dinge, die Spaß machen. Aber auch Beiträge über Events, an denen teilgenommen wurde. Word of Mouth (WOM) muss immer mehr als die neue Leitwährung von starken Marken bewertet werden: Wem es als Marke gelingt, dass junge Verbraucher überhaupt wieder über Marken mit anderen Menschen sprechen, der befindet sich auf einer Pole Position.
Marken, die ohne Inhalt oder mit leeren Versprechen bei den Ypsilonern punkten wollen, droht ein Abblitzen. Leise zu treten oder am besten gar nichts zu erzählen, wäre aber die falsche Ableitung. Wie alle Menschen lieben auch Ypsiloner Geschichten. Geschichten mit Relevanz. Geschichten, die gerne geteilt werden. Marken-Geschichten, die immer wieder erlebt werden können, wenn wir sie haben wollen. Schweigende Marken sorgen dahingegen selbst dafür, dass sie schlichtweg vergessen werden. Das betrifft einzelne Marken, aber auch ganze Kategorien wie Malzbier, Doseneintöpfe, Kuchenmischungen, Limburger („Stinkerkäse“), Cognac, bestimmte Sendeformate (z.B. generationenübergreifende Familiensendungen wie „Wetten, dass…“), Hosenträger – vielleicht auch schon bald Krawatten, TV-Geräte, Buttermilch, Kartoffelklöße, Meerrettich, DVDs …
Globale Marken und „Volksmarken“ dienen Gen YZ als erste Orientierung. Die vermeintlich stärkeren Marken sind Ankerpunkte für spätere Entscheidungen. Das muss aber nicht primär die Kaufentscheidung beeinflussen. Insbesondere die Ypsoloner mit ihrer tendenziell größeren Probierfreude und ihrer ständigen Suche nach Neuigkeiten definieren „gestandene“ alte Marken in erster Linie als den „guten Durchschnitt“. Sie können in der Shopper Situation aber links liegen gelassen werden. Am Regal erleben wir zu viele Reize und die Fragilität der meisten Markenbeziehungen bei den Ypsilonern lässt situativ andere Entscheidungen zu. Markenloyalität ist ohnehin schwächer ausgeprägt, wozu sich dauerhaft an nur eine einzige „alte“ Marke binden? Vielleicht sind die anderen daneben auch nicht viel schlechter. Und bieten mir im Augenblick der Entscheidung den entscheidenden Mehrwert. Preislich, grafisch, geschmacklich.
Die Multioptionalität der Millennials macht auch nicht vor Kultmarken halt: Was gestern „in“ war, ist morgen schon „out“. Generation Maybe kann schnell Produkte und Marken aus dem Stand weg hochleben, um diese bereits nach einiger Zeit wieder links liegen zu lassen: Was soll‘s? Ein Trend kann eine Marke vermeintlich „stark“ und begehrenswert machen, vermeintliche Stärke kann aber auch ganz schnell in „zu groß“, „für alle“, „zu unattraktiv“ übersetzt werden. Besonders bei Trend-Marken zählt der Faktor „Überraschung“ sehr viel, der bei Gen YZ sehr schnell in Langeweile und Desinteresse umschlagen kann.
Markenerlebnisse erhöhen Bindungs- und Sharing-Bereitschaft bei Gen YZ
Es teilt sich beim neuen Verbraucher umso leichter, je stärker eine Marke ein ernst genommener Teil einer Mensch-Marke-Beziehung ist. Wir-Marken haben es bei Ypsilonern fast immer leichter als konservativ agierende Ich-Marken. Marken, die humorlos und belehrend aus ihrer Sicht heraus die Welt beschreiben. Solche Konzepte erreichen die Herzen von Gen Y nicht. Wenig Likes, kaum Smileys, so gut wie kein Teilen. Intensive Erlebnisse mit Marken erlauben dagegen leichte Zugänge zu Marken, die Gen YZ gerne mit anderen Menschen teilt. Anlässe für Marken schaffen merkfähige Zeitpunkte für ein wiederholtes Nach-Erleben. Was schnell und ohne viel Nachdenken verstanden wird, leicht in den Alltag integriert werden kann und dort hochrelevant ist, hat bei Gen YZ gute Chancen, verwendet zu werden.
Das betrifft Settings, Anlässe, aber auch klassische Begegnungspunkte wie Kommunikationsinhalte, soziale Netzwerke und den Point of Sale. Überhaupt sind Filialen oder Shop-Konzepte hervorragende Begegnungsorte von Menschen mit Marken. Als sog. Dritte Orte sind sie Erlebnisorte von Marken, die als „begehbare Werbung“ Menschen in die Erlebniswelt einer Marke „hineinziehen“. Für Gen YZ sind solche Begegnungsorte immer wichtiger, da sie hier selbst ein aktiver Teil des Erlebnisses werden. Erlebnisse, die tatsächlich und damit „echt“ sind. Ein vom Erzeuger gekaufter Weinschmeckt umso mehr, ist umso authentischer, wenn der dahinterstehende Winzer oder die erzeugende Winzergemeinschaft erlebt wurde. Concept Stores und Show Rooms bilden die kleinste Einheit für räumliches Markenerleben. Selbstverständlich kennt die Inszenierung von Markenerlebniswelten keine Grenzen. Ob als architektonisch ausgeklügeltes Brandland oder nur als kleiner Reminder an Wanderwegen, Häuserfassaden, Schildern, Wegbezeichnungen u.v.m. Entscheidend ist die erreichte Aufmerksamkeit, die Relevanz und die Erlebbarkeit solcher „Dritter Orte“. Richtig eingesetzt erhöhen sie in jedem Fall die Erlebnisqualität von Marken. Und vor allem die Glaubwürdigkeit. Selbst erlebt wirkt eben stets „echter“.
Denn Erlebnisse sorgen für eine aktivere Marke-Mensch-Beziehung. Aktivierung heißt aber auch nichts anderes, als die Betrachter ins Staunen zu versetzen. Vielleicht durch Reibung, vielleicht durch Humor. Was „anders“ ist, überrascht eher. Immer dasselbe langweilt. Erst Recht in der Multichannel-Kommunikation. Gerade in Social Media wird nach kanalspezifischer Andersartigkeit im Auftreten der Marken gesucht. Markenpersönlichkeit und Markeninhalte sind letztlich vergleichbar, wie über klassische Kanäle kommuniziert. Aber YouTubeist als Format anders als eine Tageszeitung (die von Gen YZ sowieso immer weniger gelesen wird). Social Media-Aktivitäten sind die neuen Überraschungs-Blumensträuße einer auf Dialog ausgerichteten Markenstrategie. Immer wieder überraschen mit neuen Details, neu aufbereiteten Inhalten der Markengeschichte, die einfach Spaß machen. Der für IT-Strategien von Unternehmen verantwortliche CIO wird letztlich immer wichtiger. Am Ende sogar wichtiger als ein nur von der Unternehmens- oder Markenseite agierender Marketing-Experte. Denn ein tatsächlicher CIO ist ständig auf Tuchfühlung mit den Kunden – und lässt sie über seine Abteilung teilhaben an der Markengestaltung!
Fazit: Neues Markenerleben bei Gen YZ
Gen YZ wird in den nächsten Jahren das Konsumentenverhalten mit ihrem Pragmatismus, ihrer multimedialen Vernetzung und ihrer Multioptionalität noch viel stärker prägen. Marken ohne Gesicht stehen vor dem Abgrund. Weniger Burnouteiner Marke als vielmehr Belanglosigkeit beim neuen Verbraucher!
Vier Chancen für Markenartikler, um Konsumenten auch in Zukunft für Marken zu begeistern:
1. Stets aus den Konsumenten heraus denken: Wer als Marke den Dialog mit den Zielkunden sucht, ist näher dran am neuen Verbraucher, versteht dessen Bedürfnisse, ist mit ihm auf Tuchführung. Ich-Marken haben es schwer, Wir-Marken deutlich leichter. Aber nur Dialog-Marken sind Wir-Marken!
2. Aufmerksamkeit an den für Verbraucher relevanten Kontaktpunkten auslösen: Nur wer Interesse weckt, berührt die Menschen, bleibt in Erinnerung. Was GenYZ nicht erlebt, wird gnadenlos vergessen. Aus den Augen, aus dem Sinn …
3. Authentisch und glaubwürdigals Markenpersönlichkeit sein! Wer Werte vorlebt, diese beweisen kann, hat Vorbildfunktion und bietet Sicherheit. Ganz besonders beim kritischen „neuen“ YZ-Verbraucher!
4. Ypsiloner LIEBEN Erlebnisse. Marken müssen erlebbarer sein. Nicht nur im Regal, nicht nur über Standard-Werbung, sondern über attraktive Erlebnisse in unterschiedlichen Kanälen. Je „echter“ sie erlebt werden, desto mehr werden sie später auch geteilt.