Sie sind die „Millennials“, also von etwa 1980 bis 1999 geboren, und beginnen nun, die Lebens- und Arbeitswelt aufzumischen. Multioptionalität und der Wunsch nach Balance aus Arbeit und Privatleben prägen die Generation Y, die „Digital Natives“ sind (in der digitalen Welt aufgewachsen). Was haben sie und die Folge-Generationen sonst noch vor? Fragen an die Personalwissenschaftlerin Professor Jutta Rump.
Frau Professor Rump, weniger Karriereorientierung, mehr Vereinbarkeit von Arbeit und Familie und gesündere Arbeitsbedingungen – die Beschäftigten von morgen haben klare Vorstellungen, wie ihr künftiger Arbeitsplatz aussehen soll. Wie anders ticken die neuen Generationen als ihre Eltern und Großeltern?
Prof. Jutta Rump: Sie ticken definitiv anders. Und das ist auch gut und richtig so. Der Grund liegt wesentlich in den unterschiedlichsten Sozialisationsmustern vor allem in den ersten 20 Lebensjahren, die unser Verhalten und unsere Einstellungen maßgeblich prägen. Die Kriegs-, Nachkriegs- und Babyboomer-Generation ist unter anderen Voraussetzungen groß geworden als jemand, der nach 1980 geboren wurde. Die Millenials werden in Deutschland in einer reichen Gesellschaft groß, der es nicht erst seit gestern in einer großen Breite gut geht. Und nicht zuletzt leben wir hier seit vielen Jahren in Frieden. Hinzu kommt, dass junge Menschen erfahren haben, dass es für sie immer eine Alternative gibt. Das fängt bei der Auswahl der Sneakers an und reicht bis zum Freizeitangebot. Da gibt es eben nicht wie früher am Wochenende nur das Schützenfest, sondern auch noch den Freizeitpark, das Kino, ein Straßenfest oder die noch schnell auf Facebook organisierte Party. Für sie ist die multioptionale Gesellschaft eine gelernte Realität.
Für die Jungen ist das gleichbedeutend mit großer Freiheit, die Älteren wittern dahinter vielleicht fehlenden Biss, Gestaltungswillen und mangelndes Verantwortungsgefühl. Das klingt nach Ärger.
Die Älteren sind vielleicht der Auffassung, dass die Jungen nichts mehr durchhalten, eher sprunghaft und unverbindlich sind. Da heißt es dann schnell: Was soll aus dem Land nur werden, bei dieser Einstellung?! Gleichzeitig denken die Jungen: Gott, sind die Alten langsam, die können nicht mit dem Internet umgehen und kriegen gar nichts auf die Reihe. Objektiv hat jedes Muster seine Berechtigung. Nur, die alten Muster führen uns angesichts der Herausforderungen einer sich immer schneller verändernden und zunehmend vernetzten Arbeitswelt ins Hamsterrad, das irgendwann in eine hoffnungslose Überforderung führt. Die Verhaltens- und Einstellungsmuster der Jüngeren nehmen hingegen bereits viele Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt vorweg. Dabei rücken immer deutlicher die Freude am Tun, die Balance zwischen Privatem und der Arbeit und die Perspektiven für eine gute Zukunft in ihren Fokus. Anders würden sie bei den vermutlich auf sie zukommenden 50 Jahren im Arbeitsleben auch nicht gut bestehen können. Wir müssen beide Haltungen zusammenbringen. Aus der Synthese kann viel positive Energie entstehen.
Wie verändert das Internet die Möglichkeiten und Einstellungen junger Generationen?
Das Netz und die Vernetzung sind aus unserem Leben nicht wegzudenken. Aber am Ende sind die Nutzer dann immer Menschen, die persönliche Ansprache und persönliche Beziehungen brauchen. Darin unterscheiden sich die Jüngeren nicht von den Generationen davor.
Was bedeutet dies für die Einstellung der Millenials zum Gemeinwesen?
Sie zeigen großes Interesse an der Zivilgesellschaft. Nur eben etwas anders als ihre Eltern und Großeltern. Ihr Engagement, etwa in politischen Parteien, verbinden sie mit der Auswahlmöglichkeit von verschiedenen Optionen. Lebenslange Loyalität gegenüber einem Arbeitgeber ist für sie genauso wenig zwingend gesetzt wie gegenüber einer politischen Partei. Wir erleben sie immer öfter als Nomaden im System der Zivilgesellschaft. Das empfinden viele Ältere geradezu als Schock. Für Parteien bedeutet dies, dass sie die Motivlagen verstehen und Angebote machen müssen, um die „jungen Nomaden“ und die, die temporär zu Besuch sein wollen, immer wieder neu zu begeistern und bei der Stange zu halten. Das setzt eine gute Informationspolitik und eine auf Partizipation ausgerichtete Kommunikation voraus.
In der Vergangenheit ist viel von Politikverdrossenheit junger Menschen die Rede gewesen. Was ist Ihr Eindruck?
Ich glaube schon, dass sich die Millenials für Politik interessieren. Nur vielleicht nicht für die Strukturen und Prozesse, in denen sich die Politik in Parteien oft noch vollzieht. Für sie ist längst die größte Selbstverständlichkeit, einen Diskurs mit Reaktionen und strukturiertem Feedback in Echtzeit zu führen. Wenn es heißt, „über das gerade heiße Thema reden wir dann in zwei Wochen auf der nächsten Sitzung“, ist das für sie nicht mehr zeitgemäß. Da steigen sie dann aus.
Was heißt dies für das Miteinander der Generationen?
Es geht immer darum, Freude zu haben an dem, was man tut. Das ist keine Altersfrage. Die junge Generation fordert das heute unmissverständlich für sich ein. Das finde ich richtig und gut.
Zum Profil von Dr. Jutta Rump: Zum Profil von https://www.esa100.de/redner/jutta-rump.html
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