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17. Juni 2016

Betriebliches Gesundheitsmanagement muss seine Richtung ändern!

Es wird Zeit, dass Betriebliches Gesundheitsmanagement seine Richtung ändert

Wenn man deutsche Publikationen zum Thema Gesundheitsmanagement liest, bekommt man den Eindruck, Deutschland befinde sich aufgrund krankmachender Arbeitsbedingungen in einem desolaten psychischen Gesundheitszustand. In Büchern, Fachzeitschriften, Handlungshilfen und Informationsbroschüren geht es um „Stress“, „Psychische Belastungen“, „Burnout“ und andere Störungen. Psychische Erkrankungen nähmen zu und das Burnout-Syndrom sei weit verbreitet. Dass dem nicht so ist, zeigen die Ende 2015 im „Gesundheitsbericht Deutschland“ veröffentlichten Ergebnisse des Robert-Koch-Instituts. Demnach leiden lediglich 1,1% der Männer und 1,9% der Frauen in Deutschland an einem Burnout-Syndrom. Zudem haben psychische Erkrankungen in den letzten Jahrzehnten bis heute nicht zugenommen. Psychische Störungen sind demnach ein stark zu vernachlässigendes Problem, wenn man deren Vorkommen mit dem von verhaltensbedingten Gesundheitsrisiken vergleicht

Gesundheit ist keine Privatsache

56% der Frauen und 60% der Männer in Deutschland haben Fettstoffwechselstörungen, 53% der Frauen und 67% der Männer sind übergewichtig und jeweils ein Drittel hat Bluthochdruck als Folge eines mangelnden Gesundheitsverhaltens. Diese Ergebnisse des Robert-Koch-Instituts sind wenig verwunderlich. Denn es gelingt nur 20% der Deutschen das für die Gesundheit minimal notwendige Maß an Bewegung in den Alltag zu integrieren, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Noch weniger Menschen schaffen es, die empfohlene Menge an Obst und Gemüse pro Tag zu essen. Mit jedem einzelnen Risikofaktor, den ein Mitarbeiter aufweist, ist die berufliche Leistungsfähigkeit um durchschnittlich 2,4% reduziert. Umkehrt ließe sich die Produktivität mit jedem Risikofaktor, der abgebaut wird, um 1,9% erhöhen. Trotz der nachgewiesenen Bedeutung des Gesundheitsverhaltens für den Einzelnen sowie für die Produktivität von Unternehmen, wird der Fokus im Betrieblichen Gesundheitsmanagement jedoch meistens auf die Arbeitsbedingungen gelegt. Es entsteht der Eindruck, die Reduktion von psychischen Gefährdungen und Erkrankungen seien die wichtigsten Handlungsfelder im BGM. Dabei wird versäumt, innovative Lösungen zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Mitarbeitern zu entwickeln und damit den stärksten „Hebel“ für die persönliche Gesundheit sowie die Produktivität von Unternehmen zu betätigen. Trotz umfangreicher Gesundheitsangebote werden nur die ohnehin Fitten im Unternehmen erreicht. Ein gewünschter Effekt in Bezug auf das Gesundheitsverhalten aller Mitarbeiter bleibt aus. Auch das ist kein Wunder. Denn für viele Unternehmen ist „Eigenverantwortung“ nach wie vor Privatsache.

Die Zukunft: Unternehmerisches Gesundheitsmanagement

Um bislang ungenutzte Potenziale, die in der Verbesserung des Lebensstils liegen, zu erschließen, ist die Abkehr vom Irrweg des klassischen Betrieblichen Gesundheitsmanagement eine notwendige Voraussetzung. Weg von einem passiven, problemorientierten Gesundheitsmanagement, hin zu einer Stärkung von Mitarbeitern und Kultur der Eigenverantwortung – hin zu einem modernen „Unternehmerischen Gesundheitsmanagement“, das Wirksamkeit und Nachhaltigkeit verspricht.

Was heißt das für Unternehmen?

 

  1. Unternehmen müssen aufhören in nutzlose und unwirksame Angebote zu investieren, die ohnehin nur die Fitten nutzen. Obstkörbe, Fitnessstudios, Rückenkurse und Co. sind zwar nett und fördern die Arbeitgeberattraktivität, haben aber nichts mit einem wirksamen und ökonomisch sinnvollen Gesundheitsmanagement zu tun, das alle Mitarbeiter erreicht und damit nicht nur dem Einzelnen, sondern auch dem Unternehmen etwas bringt: nämlich mehr Leistungsfähigkeit.

 

  1. Unternehmen sollten sich daran erinnern, dass sie nicht allein die Verantwortung dafür tragen, dass Mitarbeiter gesund und leistungsfähig sind. Dieses Bild wird ununterbrochen verbreitet, ist aber einseitig, überholt und nicht zukunftsfähig.

 

  1. Unternehmen müssen von der positiven, wirksamen Seite für Betriebliches Gesundheitsmanagement überzeugt sein. Sie müssen mutig sein, Eigenverantwortung von Mitarbeitern einfordern und darauf vertrauen, dass Mitarbeiter diesen Paradigmenwechsel wertschätzen. Sie entwickeln Kompetenzen, die ihnen selbst endlich die Veränderungen ermöglichen, die sie sich selbst wünschen.

 

  1. Unternehmen müssen kritisch sein, wenn sie sich externe Partner für die Gestaltung ihres Betrieblichen Gesundheitsmanagement ins Haus holen. Die Verbesserung von Gesundheitsverhalten ist keine Aufgabe, die in den Standardwerken für Betriebliches Gesundheitsmanagement, an Universitäten oder in Fortbildungen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement gelöst wird. Hier sind Experten gefragt, die sich mit Gewohnheitsbildung auskennen und zudem wissen, wie man Gesundheitsverhalten in Unternehmen systematisch durch Kulturwandel und Tabubrüche verbessert. Gesundheitsmanagement sollte nicht nur nach innen und außen gut aussehen, sondern auch echte Veränderung erzeugen, die sich messen lässt.

 

  1. Die Führungsaufgabe Gesundheit muss bei der Unternehmensleitung beginnen. Nur, wenn sie aktiv Eigenverantwortung vorleben und einfordern, können Mitarbeiter ihr Gesundheitsverhalten verbessern. Passives Hoffen auf die Veränderung von Gesundheitsverhalten mit Hilfe von Gesundheitsangeboten reicht nicht aus, wenn Prävention wirksam und ökonomisch sinnvoll betrieben werden soll.

Mitarbeiter zur Eigenverantwortung befähigen

Warum Betriebliches Gesundheitsmanagement in Deutschland die oben beschriebenen Empfehlungen eines „unternehmerischen Gesundheitsmanagements“ immer noch nicht aufweist, ist nur zu vermuten. Zum einen gibt es laut Wissenschaft einen negativen „bias“, der in der Forschung zur Arbeits- und Organisationspsychologie deutlich erkennbar sei und sich damit auch in Maßnahmen des Gesundheitsmanagements, die sich rund um Störungen und Krankheiten drehen, wiederspiegle. Zum anderen werden in der Vergangenheit und Gegenwart wiederholt Fehlzeitenstatistiken falsch interpretiert, ein nicht vorhandener Anstieg psychischer Erkrankungen propagiert und dieser aufgrund unwissenschaftlicher Schlussfolgerungen auf schlechte Arbeitsbedingungen zurückgeführt. Der Versuch, die Ursache eines Burn-out-Syndroms auf die Arbeitsbedingungen zu schieben, scheitert kläglich, wenn evidenzbasierte Studien hinzugezogen werden. Es liegt der Verdacht nahe, dass eine Emotionalisierung des Themas „Burnout“ dabei helfen soll, erlebte Hilflosigkeit und mangelnde Bereitschaft, Verantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen, zu verdrängen. Stattdessen könnte der Fokus auf die tatsächlich bedeutsamen Einflussfaktoren gelegt und Mitarbeiter durch mehr Eigenverantwortung unabhängiger vom Agieren oder Nicht-Agieren der Unternehmen in Sachen Gesundheit gemacht werden. Mitarbeiter zur Übernahme von Verantwortung für die eigene Gesundheit zu befähigen, sollte daher die wichtigste Aufgabe des Gesundheitsmanagements in Unternehmen sein.

 

Dr. med. Dirk Lümkemann, Gründer und Inhaber der Firma padoc, gehört zu den 100 Top Unternehmern bei Speakers Excellence. Mehr zum Thema Betriebliches Gesundheitsmanagement erhalten Sie hier. Besuchen Sie hier sein Profil:

http://www.excellente-unternehmer.de/redner/dirk-luemkemann.html

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2 Antworten

  1. Ein wirklich kluger Beitrag. Selbstwirksamkeit lautet für mich das Stichwort. Mitarbeiter müssen zu gesundheitsorientiertem Verhalten befähigt werden und das geht nur, wenn die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen. Auf der anderen Seite sollten nur BGM-Maßnahmen mit messbarem Mehrwert durchgeführt werden. Mit einem pauschalen Angebot für alle Mitarbeiter ist es einfach nicht getan. Dazu sind die gesundheitlichen Probleme und Bedürfnisse einfach zu individuell.

  2. Hallo und vielen Dank für den interessanten Artikel. Ein Bekannter hat mir auch von einem Manager-Check Up erzählt. So gibt es in diesem Bereich auch Spezialisierungen.

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