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8. Juni 2016

Das Handwerk der Zukunft braucht Kompetenz und Innovation

„Nur wenn Hersteller, Handel und Verarbeiter an einem Strang ziehen kann das Handwerk auch in Zukunft die immer höher werdenden Anforderungen der Kunden erfüllen“, meint Handwerksmeister Thomas Graber. Als Verarbeiter fühlt er sich aber von den anderen Partnern allein gelassen:

Die Bauwirtschaft boomt. Niedrige Zinsen sorgen für eine extrem starke Nachfrage nach Wohnraum. Entsprechend gut geht es der Bau- und Ausbaubranche, die die Nachfrage kaum noch erfüllen kann. Allerdings ist gutes Fachpersonal knapp, so dass – durchaus auch zu ordentlichen Stundenverrechnungssätzen, die für einen Facharbeiter in Bayern beispielsweise schon bei durchschnittlich 45 Euro liegen – auch weniger qualifiziertes Personal eingesetzt wird.

Die hohen und immer höher werdenden Anforderungen der Kunden können damit kaum noch erfüllt werden. Dabei gehören doch gerade Beratung und Service zur Leistung eines qualifizierten Handwerkers, gehört es auch dazu, den Kunden sinnvolle Alternativen oder kreative Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Dies scheitert aber aus mehreren Gründen: Die einen können es schlichtweg nicht, die anderen haben aber gar nicht die Möglichkeiten, kreative und neuartige Lösungen anzubieten, weil es schlichtweg keine Innovationen mehr gibt.

Ich bin überzeugt davon, dass sich im Handwerk mittelfristig eine Zwei-Klassen-Gesellschaft entwickeln wird: Die einen, die im Baumarkt einkaufen und preisgünstige, niedrig qualifizierte Arbeitskräfte anheuern, um einfache Bau- und Ausbauarbeiten zu realisieren. Und die anderen, die der verstärkten Nachfrage nach Fachkompetenz, Kreativität und lösungsorientierten Dienst- und Bauleistungen auch in Zukunft mit hoher Qualität begegnen.

Doch gerade Letztere brauchen Unterstützung.

Die Rolle der Hersteller

Die Innovationskraft der Hersteller hat nachgelassen. Viele ziehen sich zurück auf „Altbewährtes“, um wenig Aufwand zu haben und kein Risiko mit neuen, unerprobten Produkten einzugehen. Da tut man sich als Handwerker beim Kunden schon schwer, ihm „etwas Besonderes“ anzubieten.

Von den Herstellern kommen nur noch Komponenten und/oder Halbfertigprodukte, die einen mehrfachen Anwendungsbereich haben. Damit reduzieren sie die Kosten und müssen nicht diverse Sonderprodukte aufwendig vorhalten. Wer etwas Besonders haben will, muss entweder lange warten oder bekommt es zu Preisen, die am Markt kaum noch durchzusetzen sind. Die Folge: Die Verarbeiter weichen auf die Standardprodukte aus, Kreativität und Rendite bleiben auf der Strecke.

Hinter dieser Entwicklung steckt natürlich auch ein Teufelskreis: Innovationen sind oft noch nicht ausgereift, Gewährleistung und Risiko bleiben beim Verarbeiter. Kein Wunder, dass der dann doch lieber auf Altbewährtes zurückgreift, Produkte bei denen er sich sicher sein kann.

Aus meiner persönlichen Erfahrung werden in Zukunft nur die Hersteller innovativ und erfolgreich sein, die konzeptionell für künftige Sonderlösungen und Neuprodukte die wichtigen Verarbeiter und Meinungsbildner der Branche mit einbeziehen. Darüber hinaus würde es durchaus Sinn machen, wichtige Verarbeiter als „verlängerte Werkbank“ für ihre Produkte zu nutzen, um im Bereich Sonderbau und Speziallösungen auch gegenüber dem Kunden Qualität und Sicherheit gewährleisten zu können.

Der Handel als Bindeglied

Dem Handel kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle zu. Er könnte eigentlich der sein, der Innovationen und die entsprechenden Informationen darüber an die Verarbeiter weitergibt. Doch dieser umfassenden Aufgabe, die in vielen Fälle angesichts der Fülle und Komplexität der Themen zur Bildung von Fachabteilungen geführt hat, kann der Handel nur noch bedingt gerecht werden, weil ihm schlicht das Personal dafür fehlt. Nur wenige sind in der Lage, „Mehrwissen“ über die Informationen aus dem Katalog hinaus zu vermitteln.

Kein Verarbeiter erwartet bei seinem Gegenüber ein wandelndes Baulexikon, doch in bestimmten Bereichen mehr Fachkompetenz als man vermeintlich selbst hat. Aus meiner täglichen Praxis kann ich sagen, dass hier viel im Argen liegt. Nicht nur, was die Fachkompetenz angeht, sondern auch was Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit im Austausch von Informationen betrifft. Oftmals lassen die Hersteller den Händler hier in der Luft hängen.

Ich bin überzeugt, dass sich schon bald herauskristallisieren wird, wer im qualifizierten Baustoffhandel von den Verarbeitern akzeptiert und geschätzt wird und wer sich in Richtung Baumarkthandel entwickeln wird. Qualifizierte Beratung erfordert die Entwicklung und Förderung der Mitarbeiter, nicht nur im fachtechnischen Bereich, sondern vor allem bei der Sozialkompetenz.

Am Ende liegt dann doch alles am Verarbeiter?

Wir als Verarbeiter sind die eierlegende Wollmilchsau. Wir müssen alles wissen, alles können, zu einem angemessen Preis liefern, in bester Qualität und das sofort und jetzt – jedenfalls, wenn wir bei den Kunden auch in Zukunft punkten wollen.

Je mehr es in Richtung Sonderkonstruktionen bzw. Sonderprodukte geht, desto wichtiger sind die Partner. Egal ob Handel oder Hersteller: ohne Verbindlichkeit und Kompetenz können wir Handwerksunternehmen keine kreativen Lösungen für den Kunden entwickeln. Deshalb: Lasst uns enger zusammenrücken. Nur wenn es uns gelingt, dass wir ein Netzwerk von zuverlässigen kompetenten Partnern auf allen Ebenen aufbauen, können wir uns vom Standard absetzen und uns aus dem (Preis-)Wettbewerb herausnehmen.

Deshalb: Innovationskraft ist kein Privileg, sondern kann nur durch Wissenstransfer entstehen. Der ist immer dann gefragt, wenn Probleme, Anforderungen oder ein Bedarf vorliegen, wofür es bis jetzt noch keine Lösung gibt. Vor diesem Hintergrund kann ich nur an die Hersteller appellieren und empfehlen, ihre Premium-Verarbeiter mehr in ihre Entwicklungs- und Innovationskraft einzubeziehen, um Lösungen zu entwickeln, die auch umsetzbar sind. Zum anderen wünsche ich mir Offenheit für konstruktive Kritik im Sinne von Service und Support sowie die sachliche Prüfung und den verantwortungsvollen Umgang mit Verbesserungsvorschlägen von Seiten der Verarbeiter. Den Handel und sein Personal sollten wir auf diesem Weg gleich mitnehmen – wenn er weiter eine führende Rolle im Markt spielen will.

Wer seiner Zeit voraus sein will, muss weiter denken als nur im Hier und Jetzt. Packen wir’s an!

Thomas Graber

Zum Rednerprofil: http://www.excellente-unternehmer.de/redner/thomas-graber-selbstmanagement.html

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