Ich gebe es gern zu – ich habe ein Faible für kreativen Unfug. Ich liebe abseitige und skurrile Projekte, die auf den ersten Blick keinen Return on Invest (ROI) bringen. In den letzten Jahren habe ich zum Beispiel illegal Straßen umbenannt, Künstlernamen auf den Personalausweis geschmuggelt, Zoos eröffnet und Klaviere versteckt. Nichts davon hat unmittelbar Geld erwirtschaftet, viele der Projekte haben sogar Geld gekostet und zwar nicht zu knapp.
Drei Gründe sprechen dafür, es trotzdem zu tun!
Man verliert Angst
Je mehr Unfug man macht, bei dem es erstmal um nichts geht, umso selbstbewusster wird man. Das liegt daran, dass man erkennt, dass vermeintliche Regeln und Grenzen gar nicht so starr sind, wie sie vielleicht im ersten Moment erscheinen. Eines meiner ersten “Experimente” war es, mir einen Künstlernamen auf dem Personalausweis eintragen zu lassen. Damals noch, ohne jemals Kunst gemacht zu haben. Dafür sollten ein paar Kriterien erfüllt sein, die man dann dem Meldeamt nachweist. Es stellte sich heraus, dass es auch reicht, den Anschein zu erwecken, diese Kriterien erfüllt zu haben. Das Experiment ist geglückt und der Lerneffekt war, dass in den Verwaltungen auch alle nur mit Wasser kochen. Mit dem Künstlernamen im Gepäck bzw. auf dem Ausweis waren die nächsten Streiche dann wiederum einfacher, im Zweifelsfall ist es halt Kunst. Und mit jedem erfolgreichen Projekt verliere ich mehr und mehr die Scheu vor eingebildeten oder realen Konsequenzen.
Unfug bringt in die Medien
Redakteure von heute haben es auch nicht gerade leicht. Schauergeschichten über weltweite Katastrophen wechseln sich ab mit Belanglosigkeiten. Das muss frustrierend sein. Wie schön ist es da, zwischendurch auch mal über etwas Abseitiges zu berichten! Im Sommer 2023 habe ich gemeinsam mit zwei Freunden kurzerhand ein abgegrenztes Areal in Hannover zu einem Zoo erklärt. Auf dem Grundstück leben nämlich Biberratten, auch bekannt als Nutrias. Dazu haben wir ein Corporate Design entwickelt, hochwertige Schilder bedruckt, das Gelände nachts mit einem lebensgroßen Dinosaurier bereichert und einen Souvenirshop eröffnet. Im Grunde nichts weiter als ein etwas ausgedehnter Streich. Die Medien fanden es toll. Neben Berichten in den Tageszeitungen, gab es bald Beiträge von T-Online, dem ERF und schließlich auch vom Sat.1 Frühstücksfernsehen. Der Scherz hat es ganz schön weit gebracht. Googeln Sie ruhig mal nach Nutria World 🙂
Unfug macht die Welt schöner
Aktuell beschäftige ich mich damit, Klaviere in der Stadt zu verstecken. Das Vorgehen: bei Kleinanzeigen nach Klavieren suchen, die “zu verschenken” sind (davon gibt es sehr viele). Diese hole ich ab, lasse sie von einem befreundeten Klavierstimmer stimmen, von Graffiti-Künstlern umgestalten und dann platziere ich sie an wettergeschützten, aber öffentlich zugänglichen Orten in der Stadt. Das ist mit Sicherheit nicht unbedingt erlaubt, zudem aufwändig und es kostet trotz der ehrenamtlichen Bemühungen auch etwas Geld. Neulich wurde ich gefragt “Wo ist denn da der ROI?”. Nun, den gibt es nicht, zumindest nicht monetär. Der Return on Invest liegt darin, dass ich oft an den Klavieren vorbei laufe und dann sitzt jemand da dran und spielt ein Lied. Manchmal wird dazu gesungen, einmal stand jemand mit der Geige daneben und es gab ein Duett. Spaziergänger bleiben stehen, hören zu und lächeln. Der Tag aller Beteiligten ist ein wenig schöner geworden. Wenn man sich überlegt, was durch die alternative Verwendung der Ressourcen, z.B. dem Konsum einer weiteren Netflix-Serie oder einer neuen Armbanduhr entstanden wäre, kommt beim Klaviere verstecken deutlich mehr bei rum. Für einen größeren Kreis von Menschen. Solch Unfug macht die Welt ein Stück schöner.
Sie sehen also, Unfug machen lohnt sich. Nebenbei entwickelt sich der Kreativitätsmuskel, den wir alle in uns haben, ganz automatisch weiter. Und manchmal, genug Unfug vorausgesetzt, wird man sogar fürs Unfug machen oder darüber sprechen gebucht. Aber das sollte nicht die Motivation sein. In diesem Sinne: Unfug frei!
Daniel Pflieger