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Celina Schareck

18. Mai 2021

Allein, allein? – Wie Sie ein Team im Homeoffice anführen

Wo stehen wir?

Die Covid-19 Pandemie ist zäh. Sie zieht sich und erlaubt kaum ein Aufatmen. Und sie schreibt Rekorde in den Zahlen – damit meine ich nicht nur die Zahl der Infizierten, sondern vielmehr auch die Zahl der ArbeitnehmerInnen im Homeoffice. Alles was nicht am Menschen arbeitet, wurde schon im März und nun auch mit dem zweiten Lockdown light ins Homeoffice zitiert. Ab an den heimischen Schreibtisch. Der Rest bleibt wie gehabt. Wie gehabt? Wohl kaum! Genau da liegt nämlich das Problem: Keine Vorbereitung, keine Erfahrungen und Ablenkung at it’s Best. Doch jetzt sind wir hier und müssen lernen, mit der Situation umzugehen.

Welchen Herausforderungen muss sich die Führungskraft stellen?

Die Arbeit bleibt die gleiche, doch die Teams arbeiten auf Distanz, räumlich verteilt. Was ausbleibt sind kurze Absprachen auf Fluren, kurze Kontrollen eines Arbeitsstandes, gemeinsames Brainstormen in Konferenzräumen. Die Technik soll den Ausgleich liefern, eine stabile Internetverbindung wird dabei zur Basis effektiven Arbeitens. Das eröffnet völlig neue Herausforderungen für Sie als Führungskraft. Wenn jedes Teammitglied allein zu Hause in individueller Atmosphäre arbeitet, kommt schnell das Gefühl auf, alleine für eine Sache zu kämpfen. Plötzlich kommt die Sinnfrage auf: Wofür mache ich das hier eigentlich? Es besteht die Gefahr, dass sich die Mitarbeitenden mehr und mehr von der Organisation oder dem Team lösen und abgrenzen. Ein Gefühl der Isolation und Unsicherheit macht sich breit. Die neue Aufgabe einer Führungskraft liegt nun darin, die Mission und Vision der Arbeit eines Teams klarer und eindeutig zu kommunizieren und zu verankern. Das Warum zu beantworten und jedem Teammitglied ein Stück des roten Fadens, ein Stück des Ganzen zuzuweisen. Der Aufbau von Vertrauen untereinander wird zu Ihrer neuen Hauptangelegenheit als Führungskraft. Sie sollten Ihr Kontrollbedürfnis schmälern und stattdessen Vertrauen vorschießen. Leichter geschrieben als getan, das weiß ich, dennoch eigentlich nichts Neues.

Mal ehrlich, wie genau können Sie als Führungskraft den Arbeitseifer Ihrer Mitarbeitenden im Büro kontrollieren? Auch am Schreibtisch im Büro lässt es sich prima aufschieben. Dass Sie Ihre Mitarbeiter nun nicht mehr am Schreibtisch sehen können, tut dem Arbeitseifer keinen Abbruch. Cyberslacking und Prokrastination ist im Büro genauso möglich wie am heimischen Schreibtisch.

Da wäre noch eines – das „Beste“ zum Schluss: die Medienkompetenz. Im wahren Sinne des Wortes von einem auf den anderen Tag wurde eine stabile Internetverbindung und zuverlässige Hardware zur Basis erfolgreichen Arbeitens. Doch das ist noch nicht alles, denn mit der Abhängigkeit von der „neuen“ Informations- und Kommunikationstechnologie, wurden auch neue Konfliktpotenziale und Schwierigkeiten erkennbar. Der Austausch über verschiedene Medien erfordert verschiedene Kommunikationsregeln aufgrund der unterschiedlichen Filterwirkungen der Medien. Beim Telefonieren kann ich mein Gegenüber nicht sehen. Gut, bei der Videotelefonie schon. Doch auch hier sind Gesten oftmals nicht eindeutig erkennbar. In einer Mail kann eine beschriebene Situation oftmals extremer wirken, als sie in Wirklichkeit war oder Ironie wird nicht erkannt… All diese Besonderheiten erfordern Kontextinformationen, jedes Medium verfolgt dabei eine eigene Strategie. Eine der wesentlichsten Aufgaben der Führungskraft eines virtuellen Teams ist also die erfolgreiche Kommunikation in Konflikten, Leistungsbeurteilungen, Absprachen und Feedbacks. Die Vorbildwirkung der Führungskraft wird um ihre Medienkompetenz erweitert. Von jetzt auf gleich…

Was müssen die Mitarbeitenden lernen?

Eine Führungsaufgabe ist es außerdem, die Mitarbeitenden zu schulen, um sie in der neuartigen Arbeit im Homeoffice zu unterstützten und voranzubringen. Zu spät, denken Sie? Klar, im März dieses Jahr wurden Sie und ihre Teams in kaltes Wasser geworfen und von einem auf den anderen Tag zum Homeoffice verpflichtet. Doch ich rate Ihnen dennoch: Rudern Sie ein Stück zurück und gehen Sie das Projekt Homeoffice nochmals strukturiert an. Dabei dienen die letzten Monate durchaus als Erfahrungswerte und können Ihnen in der Personalschulung sehr hilfreich sein. Wo lagen besondere Schwierigkeiten? Dann sollten Sie diesen Thematiken gesonderte Beachtung schenken. Was ging Ihnen und Ihrem Team leicht von der Hand? Erwähnen Sie das lobend und drücken Sie Ihren Stolz aus.
Verschiedene Bereiche der Personalschulung könnten zum Beispiel die Folgenden sein:

Mediennutzung und Anwendungsschulung: Ja klar, die Medienkompetenz. Sicherlich eines der wesentlichen Probleme im täglichen Umgang im Homeoffice. Jemand fliegt aus einem Online-Meeting, ein Cloud-Dokument ist plötzlich verschollen, Missverständnisse entstehen im Chat oder per Mail… Jedes Medium hat seine spezifischen Vor- und Nachteile und erfordert bestimmte Verhaltensregeln. Sie als Führungskraft sollten für jede Aufgabenart ein spezifisches Medium festlegen und die Arbeit mit diesem grundlegend erklären.

Selbstorganisation und Zeitmanagement: Unterstützen Sie Ihre Mitarbeitenden dabei, sich selbst zu organisieren. Auf Arbeit sind viele Abläufe und Rituale bereits klar und etabliert, aber zu Hause sieht das ganz anders aus. Gerade in den aktuellen Zeiten des Home-Schoolings sind vielleicht die Kinder noch zu Hause und nicht nur die Routine Ihrer Mitarbeiter ist dahin. Thematisieren Sie aktuelle Schwierigkeiten im Team und liefern Sie Techniken zu Zeit- und Arbeitsorganisation. Es ist für keinen leicht, daher sollten Sie Verständnis für diejenigen aufbringen, welche länger brauchen, um sich in die neuen Strukturen einzufinden.

Konfliktmanagement: Neben bisherigen Streitpunkten in Ihrer täglichen Arbeit kommen nun Konflikte durch die Mediennutzung hinzu. Der Knackpunkt ist dabei, die medieninduzierten Konflikte über eben diese Medien auch zu schlichten. Ein Teufelskreis? Nicht, wenn Sie als Führungskraft die Umfangsformen mit den verschiedenen Kommunikationsmedien klar gemacht haben. Gehen Sie als gutes Beispiel voran und verlangen Sie detaillierte Kontextinformationen, um die Kommunikation so eindeutig wie möglich zu gestalten. Dieses Handwerkszeug im Umgang mit medieninduzierten Konflikten müssen Sie ebenso Ihren Mitarbeitern in die Hand geben.

Interkulturelles Training: Dieser Punkt ist vor allem für international verteilte Teams von Bedeutung. Hierbei muss der Umgang mit verschiedenen kulturellen Ansprüchen, Zeitverschiebungen und Rahmenbedingungen erlernt werden. Doch in abgeschwächter Form finden wir auch bei verteilten Teams im lokalen Raum individuelle Rahmenbedingungen, welche in verschiedene Arbeitsformate und -Strukturen münden. Sie sollten also Kernzeiten und -Formate mit Ihrem Team ausmachen. Quasi einen gemeinsamen Nenner der gemeinsamen Arbeit finden, welchem alle Teammitglieder nachkommen sollten. Beispielsweise ein gemeinsames Meeting oder Sprechstunden bei jedem Mitarbeiter… Das ist der Kompromiss, welchen alle Mitarbeiter eingehen sollten, um drumherum in Ihrem individuellen Kontext arbeiten zu können.

Sprachentwicklung: Mit diesem Punkt sind die Kompetenzen für die schriftliche Kommunikation gemeint. Der Schriftverkehr über Mail, Chats, gemeinsame Online-Dokumente wird im Homeoffice zunehmen, da der spontane Austausch auf dem Gang oder im Büro wegfällt. Sie als Führungskraft müssen hierbei stilführend wirken und als gutes Beispiel vorangehen, um zukünftigen Konflikten aus dem Weg zu gehen.

Und worauf baut das Ganze?

Auf Vertrauen! Drehen Sie den Spieß des altbekannten Sprichworts um: Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser!
Vertrauen entsteht durch einen einseitigen Vorschuss. Den müssen Sie als Führungskraft liefern. Die Basis ist eine verankerte Vision, eine gemeinsame Vorstellung über das Ziel der Arbeit. Ist dieses Ziel allen Mitarbeitenden klar, können Sie Aufgaben delegieren und sollten auf die Erfüllung vertrauen. Wichtig dabei: Bleiben Sie Teil des Ganzen und halten Sie den roten Faden für alle sichtbar in der Hand. Setzen Sie sich also deutlich für das gemeinsame Ziel ein. Das ist ein erster Punkt des Vertrauensaufbaus. Ein zweiter Punkt ist Ihre fachliche Kompetenz, denn nicht nur Sie sollen Vertrauen in Ihre Mitarbeiter haben, sondern Ihre Mitarbeiter sollten auch umgekehrt auf Ihre Fähigkeiten vertrauen können. Machen Sie auch spezifische Fähigkeiten Ihrer Mitarbeiter deutlich und etablieren Sie Ansprechpartner verschiedener Problematiken. So machen Sie deutlich, dass jedes Teammitglied einen wichtigen und ersatzlosen Platz hat. Auch persönliche Kompetenzen spielen eine große Rolle im täglichen Umgang miteinander. Was können Sie besonders gut, womit verbringen Sie Ihre Freizeit? Was fasziniert Ihre Mitarbeiter ganz privat? Gemeinsamkeiten schaffen ebenso Vertrauen. Wenn jemand so denkt, wie ich selbst, werde ich mich am ehesten ihm anvertrauen. Schaffen Sie als Führungskraft so Verbindungen zwischen Ihren Teammitgliedern.

Ein weiterer Schritt im Aufbau von Vertrauen sind die klassischen Punkte Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit und Transparenz. Gerade bei verteilten Teams im Homeoffice kann es schnell vorkommen, dass jeder sein eigenes Süppchen kocht und den Bezug zum großen Ganzen – und auch zum Team verliert. Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es daher, ein Hauptaugenmerk auf das Einhalten dieser einfachen Regeln zu legen. Sichern Sie feste Meetingzeiten, gehen Sie als Beispiel voran und liefern Sie genügend Kontextinformationen zu verschiedenen Aufgaben, etablieren Sie Kernarbeitszeiten und Kernzeiten der Erreichbarkeit. Legen Sie verschiedene Medienformate für verschiedene Inhalte fest und sichern Sie die Zugänglichkeit dieser. Sie richten quasi den virtuellen Konferenzraum her, in welchem jedes Teammitglied seinen festen Platz einnehmen kann. Immer.

Führen im Homeoffice ist vor allem durch die Covid-19 Pandemiekrise zur neuen Disziplin einer jeden Führungskraft in diesem Land geworden. Aber sie ist noch lange kein Hexenwerk. Denken Sie daran, Sie alle sitzen im selben Boot. Es gibt keinen Ausweg und Projekte müssen dennoch realisiert werden. Soviel zum Ist-Zustand. Kommunizieren Sie so klar und transparent wie möglich und halten Sie jede noch so offensichtliche Verhaltensregel offen einsehbar fest. Freuen Sie sich über kleine Konflikte und Krisen, die bringen Sie schließlich schneller zum reibungslosen Arbeiten auf Distanz und wahren Sie den persönlichen Kontakt zu Ihren Mitarbeitenden. Sie alle gehen durch eine harte Zeit, welche nun mal im Kollektiv einfacher zu ertragen ist als alleine. Wenn auch wir räumlich Abstand halten müssen.

 

Celina Schareck

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Eine Antwort

  1. Sehr treffend formuliert! Das ist wirklich für alle eine Herausforderung. Aber meiner Meinung nach spielt da noch mehr rein. Nicht nur Mitarbeiter und Führungskräfte müssen mitwirken, um das so gut wie Möglich zu meistern, sondern auch beispielsweise der Betriebsrat. Da habe ich ein interessantes Interview dazu gelesen, was eben auch der Betriebsrat tun kann, um den digitalen Stress zu reduzieren, der während der letzten Monate so viel stärker geworden ist: https://www.ifb.de/news/digitaler-stress-betriebsraete-werdet-aktiv/1651
    Naja, mal sehen wie das alles weitergeht. Aber wir lernen ja alle immer mehr dazu und wie Sie geschrieben haben, wir sitzen alle im selben Boot und müssen zusammenarbeiten 🙂
    LG Isabella

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