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Réne Borbonus

16. Juni 2020

Killerstrategien für Killerfragen

Wie Sie schwierige Antworten souverän meistern

Wenn Ihnen jemand blöd kommt …
… ist das eine wunderbare Gelegenheit, ihn zu überzeugen. Vielleicht sogar die beste, die Sie im Rahmen einer Rede, einer Präsentation oder im Gespräch bekommen. Schwierige Fragen – seien sie nun blöd oder oberschlau, unfair oder an den Haaren herbeigezogen, arrogant oder irrelevant oder auch völlig berechtigt – gehören zu einer Rede wie die sprichwörtlichen Späne zum Hobeln. Sie sind die anspruchsvollste Herausforderung, die uns als Rednern begegnet – und gleichzeitig eine sehr häufige.

Deshalb dürfen wir schwierige Fragen nicht scheuen, sondern müssen sie meistern lernen. Dafür gibt es rhetorische Killerstrategien, die genau so effektiv sind wie die vermeintlichen Killerfragen selbst. Wenn Sie sie beherrschen, bringt Sie kein Diskussionsbeitrag mehr aus der Fassung.

Es gibt tatsächlich keine dummen Fragen
Ich werde oft gefragt, wie man schwierige Fragen umschiffen kann. Meine Antwort ist immer die gleiche: Gar nicht! Antworten ist Ehrensache, wenn Kommunikation das Ziel ist. Wir können den mühsam aufgebauten rhetorischen Effekt jeder Rede wieder kaputtmachen, wenn wir lästige Fragen einfach umgehen oder gar weglächeln. Unser Publikum erwartet von uns ernst genommen zu werden. Wenn wir diese Erwartung nicht erfüllen, verhalten wir uns ungewollt respektlos: Ein verlegenes Lächeln an der falschen Stelle kann als herablassende Haltung fehlinterpretiert werden. Deshalb lautet die erste und wichtigste Grundregel für den Umgang mit schwierigen Fragen:

Nehmen Sie eine respektvolle Haltung gegenüber jedem Fragesteller ein, indem Sie  seine Frage ernst nehmen und auf sein Anliegen eingehen.

Kenne Deinen Feind: Schwierige (Frage-) Typen und wie man ihnen begegnet
Um auf schwierige Fragen konstruktiv einzugehen, müssen wir sie zunächst einmal identifizieren. Dazu ist es unabdingbar, dem Fragesteller richtig zuzuhören – auch das ist ein Imperativ der respektvollen Kommunikation. Richtig zuhören bedeutet, den Kern der Frage, also das eigentliche Anliegen des Fragestellers herauszuhören und richtig zu interpretieren. Erst dann können Sie gezielt entscheiden, wie Sie ihnen begegnen.

Irrelevante Fragen
Diese scheinbar dummen Fragen muten harmlos an, sind aber durchaus gefährlich. Sie haben sich gerade eine Stunde lang mit einer Firmenpräsentation abgemüht, und dann das: „Warum rutscht Ihr Firmenschriftzug auf dem Exposé unten aus der Seite raus?“ Unangenehm, ich weiß. Aber: Wenn Sie jetzt mit einem süffisanten Lächeln oder Stirnrunzeln reagieren, suggerieren Sie dem Fragesteller, dass Sie seine Frage keiner ernsthaften Antwort würdigen. Ihr Ansehen beim Publikum rutscht in einem Sekundenbruchteil in den Keller.

Wenn die Frage belanglos erscheint, verleihen Sie ihr Belang, indem Sie sie aufgreifen und für sich nutzen: „Warum wir bei der Gestaltung auf einen unkonventionellen Stil setzen?“ Damit verschaffen Sie sich eine Gelegenheit, um das durchdachte Corporate Design Ihrer Firma zu erläutern.

Machen Sie irrelevante Fragen in Ihrem Sinne nutzbar, indem Sie einen relevanten Aspekt des Anliegens aufgreifen und die Gelegenheit zum Glänzen nutzen.

Und wenn die Frage einmal partout nicht zum Thema passt: Bieten Sie an, sie zu einem späteren Zeitpunkt zu beantworten, etwa nach der Präsentation.

Negative Fragen
Top-Manager und Politiker werden in Pressekonferenzen oft mit sogenannten negativen Fragen konfrontiert. Eine beliebte Frage an Regierungsvertreter beispielsweise lautet: „Warum lösen Sie Ihr Wahlversprechen nicht ein, die Steuern zu senken?“

Wo ist in dieser Frage der Hund begraben? Das Kernanliegen der Frage dreht sich um das Thema „Glaubwürdigkeit“. Der Politiker aber kann gute Gründe anführen, warum Steuersenkungen in der aktuellen politischen Lage nicht das Mittel der Wahl sind.

Er begegnet dieser so genannten negativen Frage deshalb, indem er sie in eine positive Frage paraphrasiert: „Warum wir zum jetzigen Zeitpunkt die Konsolidierung des Haushalts vorziehen?“ Damit schafft er die Grundlage für eine aktive Argumentation und vermeidet eine passive Verteidigung aus der Bedrängnis heraus.

Paraphrasieren Sie negative Fragen positiv, um eine konstruktive Grundlage für Ihre Argumente zu schaffen.

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Reihen aus verschiedenen Fragen
Wie können wir reagieren, wenn uns ein Gesprächspartner mit mehreren ganz unterschiedlichen Fragen bombardiert? Ganz einfach: Wir suchen uns eine aus.

Natürlich sollen Sie die übrigen Fragen nicht unbeantwortet lassen. Aber sie können ohnehin nur eine Frage auf einmal beantworten. Strategisch klug ist es daher, sich zunächst die Frage auszusuchen, die Sie am besten spontan beantworten können. Wenn Sie das getan und den Kopf wieder frei haben, wenden Sie sich erneut an den Fragesteller und bestätigen ihm, dass Sie auch seine weiteren Fragen ernst nehmen wollen: „Sie hatten noch eine Frage.“ (als Aussage, nicht als Frage formuliert!) Die können sie dann wieder in Ruhe beantworten – wenn das überhaupt noch notwendig ist. In vielen Fällen wird der Fragesteller Ihnen nämlich mitteilen, dass sich das erledigt hat – weil er sich selbst nicht merken konnte, was seine rechte Gehirnhälfte da vor zwei Minuten verzapft hat.

Was Sie unbedingt vermeiden müssen: Verwirrtes Nachhaken à la „Wie waren die anderen Fragen noch gleich?“ Das vermittelt dem Publikum den Eindruck, dass Sie nicht zugehört haben – und schon wären Sie in die Falle der Respektlosigkeit getappt.

Beantworten Sie komplexe Frageketten Frage für Frage, und bestätigen Sie dem Fragesteller zwischendurch Ihr Interesse an seinen weiteren Anliegen.

Aussagen statt Fragen
Solche Fragen sind gut dazu geeignet, zum Beispiel nach Produktpräsentationen ihre Standfestigkeit zu prüfen, indem Ihr Gegenüber Sie auflaufen lässt: „Sie haben uns ja nun viel über die Vorzüge Ihrer Produktsensation erzählt, aber ich bin skeptisch, ob unsere Kunden für so etwas überhaupt offen sind. Der Markt für solche Artikel ist noch neu, da erscheint mir das Risiko für uns noch zu hoch.“

Wenn Sie jetzt aufgeben, erwecken Sie den Verdacht, dass Sie selbst nicht von Ihrem Produkt überzeugt sind. Nehmen Sie auch hier das Anliegen des Gesprächspartners ernst, aber machen Sie aus der destruktiven Aussage eine Frage, auf die Sie eine konstruktive Antwort haben: „Welche Vorteile es für Sie hätte, unser Produkt sofort in Ihr Sortiment aufzunehmen?“ Dann können Sie konzentriert erläutern, warum sich ein Abschluss gerade jetzt für den Kunden lohnt.

Gehen Sie destruktiven Aussagefragen nicht auf den Leim. Machen Sie solche Dialogbremsen zur konstruktiven Steilvorlage, indem Sie sie in eine Frage umwandeln, die Sie wieder zurück ins Gespräch bringt.

Fragen, die Sie schon beantwortet haben
Jeder Redner hat das schon erlebt: Ein unaufmerksamer Zuhörer stellt eine Frage, die überflüssig wäre, wenn er zugehört hätte. Wenn Sie ihm das aber mitteilen, stellen Sie ihn bloß – und schaden damit Ihrem eigenen Ansehen vor den Zuhörern.

Bitte demonstrieren Sie bei solchen Gelegenheiten niemals, dass Sie von der Unaufmerksamkeit des Fragenden genervt sind, indem Sie Ihrer Antwort eine Stichelei à la „Wie bereits erwähnt” oder „Nochmal…” voranstellen. Das ist respektlos und bringt den Gesprächspartner auf die Palme.

Sehen Sie es stattdessen von der erfreulichen Seite: Diese Frage ist für Sie einfach zu beantworten, denn Sie haben die Antwort ohnehin schon vorbereitet. Ergreifen Sie die Gelegenheit, die wichtigsten Punkte Ihrer Präsentation noch einmal pointiert zusammenzufassen – aber wirklich nur kurz und prägnant. Mit einer ausschweifenden Wiederholung würden Sie nämlich all jene strafen, die zugehört haben.

Beantworten Sie Fragen, die schon Gesagtes ignorieren, geduldig und mit Begeisterung. Fassen Sie dabei nur die wichtigsten Punkte prägnant zusammen und vermeiden Sie floskelhafte Redundanzen.

Fragen, auf die Sie die Antwort nicht kennen
Niemand möchte gern preisgeben, wenn er etwas nicht weiß. Widerstehen Sie jedoch unbedingt der Versuchung, sich irgendwie durchzumogeln. Niemand ist allwissend. Bieten Sie dem Fragesteller an, die Antwort nachzuliefern, und lassen Sie sich seine Visitenkarte geben – das schafft Verbindlichkeit.

Schwieriger wird es, wenn die Frage sich unmittelbar auf Ihre Aussagen bezieht, Sie die Antwort also kennen müssten, diesen Aspekt aber schlicht noch nicht bedacht haben. Dann müssen Sie antworten – sonst wirken Sie ausweichend. Wenn Sie jedoch ins Blaue hineinraten, obwohl sie die Antwort nicht kennen, gehen Sie ein unkalkulierbares Risiko ein. Sagen Sie stattdessen etwas wie: „Da müsste ich schätzen, und damit ist Ihnen nicht geholfen.“ Lenken Sie den Dialog dann wieder auf einen verwandten und für den Fragensteller relevanten Aspekt, zu dem Sie sich äußern können, etwa so: „Was ich Ihnen mit Sicherheit sagen kann, ist …“

Beantworten Sie schwierige Fragen sofort, und weichen Sie Problemen, die Ihre Zuhörer ansprechen, nicht aus. Denken Sie daran: Sie müssen nicht alles wissen. Sie müssen nur eine relevante Antwort finden.

Wie Sie Killerfragen effektiv entwaffnen
Auch gegen die bedrohlichsten aller Killerfragen ist ein Kraut gewachsen. Wenn Sie es einzusetzen lernen, können Sie sogar aus den unbequemsten Bredouillen eine verwertbare Argumentationsgrundlage machen, um Ihre besten Argumente ins Feld zu führen. Zum Abschluss möchte ich Ihnen dafür in Verdichtung der obigen Ratschläge drei goldene Regeln anvertrauen, die Ihnen dabei helfen, schwierige Fragen souverän zu beantworten:

  • Gewinnen Sie das Ansehen des Fragestellers, indem Sie jede Frage ernst nehmen und jede Frage beantworten.
  • Suchen Sie in schwierigen Fragen das Kernanliegen und rücken Sie es in eine Perspektive, aus der Sie konstruktiv antworten können.
  • Paraphrasieren Sie negativ angelegte Killerfragen positiv und nutzen Sie sie als Sprungbrett für Ihre Argumente.

Kommen Sie gut an!

Réne Borbonus

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