Bei Ungewissheit, in instabilen Situationen oder Phasen größerer Veränderungen weiß man häufig nur eines mit großer Sicherheit: Dass man nicht besonders viel weiß, über das, was zukünftig sein könnte. Klassisches Management mit kausaler Logik und fixer Zielorientierung bietet wenig Orientierung, um Ungewissheit konstruktiv zu transformieren – der Ansatz von „Effectuation“ hingegen schon.
Die Zukunft unternehmerisch gestalten
Ziele setzen und Menschen bzw. Organisationseinheiten daran zu messen, ob sie diese auch erreichen: Das ist der heilige Gral des klassischen Managements. Nicht vorgesehen ist, dass der Grad von VUCA (Volatile, Uncertain, Complex, Ambigious) so hoch ist, dass eine klar definierte Zielsetzung in die Zukunft erst einmal nicht möglich bzw. sinnvoll sein könnte. „Effectuation“ – der Begriff wurde geprägt von Entrepreneurship-Forscherin Saras Sarasvathy – greift diese Unsicherheiten auf. Statt exakter Zielorientierung stehen bei diesem Modell flexible Ziele/Pläne sowie die Gegenwart und jetzt verfügbare Mittel im Vordergrund. Anstatt auf einen bestimmten Ertrag in der Zukunft zu spekulieren, betrachtet man die anvisierten Investitionen und entscheidet: Kann man gegebenenfalls mit einem (Teil-)Verlust leben? Denn auch Scheitern ist bei „Effectuation“ eine von Anfang an mitberücksichtigte Option.
Die eigenen Kräfte immer im Blick behalten
Unsicherheiten aushalten, sich ohne feste Zielvorgabe dennoch auf den Weg machen – das ist keine leichte Kost, für Führungskräfte und Mitarbeiter. Der Arzt und Pionier der Hypnotherapie, Gunther Schmid, kennt diese Zwickmühlen aus langjähriger Beratungspraxis in Unternehmen wie im Einzelcoaching. Mit seinem Konzept erweitert er den kognitiven Rucksack von „Effectuation“ und konzentriert sich auf die Stärkung bzw. Aktivierung unbewusster Ressourcen und Kompetenzen. Beim „Polynesischen Segeln“ tut man nur so ALS OB man wüsste, wo sich das Ziel befindet und segelt los. In dieser Bewegung hält man permanent Ausschau, ob sich andere, interessante Hinweise ergeben (auch für eine Umkehr) und ändert gegebenenfalls das „Als ob“- Ziel dementsprechend ab. Die Funktion eines Ziels ist für Gunther Schmid NICHT, es zu erreichen, sondern um in Bewegung zu kommen. Dort, wo man letztendlich vor Anker geht, das ist schlussendlich das beste Ziel, was man erreichen wollte. Schließlich hat man unterwegs viel dazugelernt und entsprechend darauf reagiert. Bieten die äußeren Umstände wenig Sicherheit, ist es zugleich umso wichtiger, sich beständig der eigenen Kräfte, Werte und Motivation zu vergewissern. Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist dabei für ihn die Frage: Was macht für mich Sinn?
Freiräume + Mittel definieren – und schnell starten
Was verändert sich für Führungskräfte und Mitarbeiter, setzen sie unter VUCA auf „Effectuation“? Führungskräfte werden entlastet und Mitarbeiter in ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt. Für die Mitarbeiter wird ein klar umrissener Handlungsraum definiert, innerhalb dessen sie eigenverantwortlich und rasch agieren können. Im Tun kommen für alle Beteiligten schnell neue Erkenntnisse dazu, sie können sich bietende Gelegenheiten und Chancen sofort aufzugreifen und an frisch Hinzugewonnenem neu orientieren: Habe ich jetzt mehr Mittel, mehr Wissen zur Verfügung als vorher? Wer oder was unterstützt mich dabei in die eingeschlagene Richtung weiterzugehen, ist ein Richtungswechsel angezeigt oder ist es sinnvoll, das Vorhaben sofort abzubrechen? Führungskräfte und Mitarbeiter gewinnen so, step by step, Entscheidungssicherheit, durch die einfach zu erlernenden wie anzuwendenden Prinzipien von „Effectuation“.
Fazit
Die Denk- und Handlungsmuster von „Effectuation“ fördern das unternehmerische Potenzial der Mitarbeiter beim Umgang mit Ungewissheit. Statt Angst vor Ergebnis-Unsicherheit wird Neugierde auf den nächsten Schritt geweckt, statt lähmender Passivität, können sehr konzentriert Aktivitäten in einem festgelegten Experimentierraum gesetzt werden. Je mehr Wissen gesammelt und erfolgreiche Schritte umgesetzt werden, kann auch die anfängliche Ungewissheit ab- und Zielklarheit zunehmen. So dass Organisationen dann wieder von den Stärken des klassischen Managements profitieren können: klare Ziele setzen, Pläne schmieden und sich dann an deren Umsetzung zu machen.