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Miriam Kohlhaas

23. August 2018

TEIL 1. Sportpsychologie? Damit habe ich noch nie gearbeitet!

Es ist mir in den vergangenen Wochen sichtlich schwer gefallen, mich ganz bewusst an die Ausarbeitung der vielen tollen Gespräche mit wundervollen Spielern zu setzen, die ich seit dem Frühjahr getroffen habe. Warum? Weil ich das letzte so bewegende Interview mit Dennis Zimmermann mit all den damit verbundenen Eindrücken erst einmal für mich einordnen musste.
Und irgendwie wollte ich mit einer bewussten Stille all die Worte ehren, die wir gemeinsam auf Papier gebracht hatten.

DENNIS ZIMMERMANN: NO REGRETS! (WARUM FRAGEN WIR NICHT EINFACH DIE BESTEN? EPISODE 2)

Und so kam es, dass ich mich erst nach einem erneuten Treffen mit Dennis wieder an meinen Schreibtisch setzte, um die neue Geschichten aufzuschreiben.

Geschichten, wie die, des einzig noch aktiv spielenden deutschen Akteurs der NFL Europe, die 2007 eingestellt wurde. Dem Quarterbackjäger des besten Teams Europas – der New Yorker Lions Braunschweig.

Für die-sportpsychologen.de berichtet:

Patrick Finke (Interview: Miriam Kohlaas, zur Profilseite von Miriam

Miriam Kohlhaas: Wie bist du zum Football gekommen? 

Patrick Finke: In der Oberschule hat mein bester Kumpel jeden aus der Klasse gefragt, ob sie mal zum Training mitkommen wollen – alle, bis auf mich. Daraufhin habe ich dann selbst gefragt. Es hörte sich ziemlich cool an und ich fragte ihn, ob ich denn nicht auch mal hingehen könnte. Daraufhin antwortete er, dass das vielleicht nicht so eine gute Idee sei und Football nicht so gut zu mir passen würde.
Zu dieser Zeit hatte ich eine schwere Knieverletzung, ich hatte einen Tumor im Knie und war ziemlich lädiert. Aber es wurmte mich, dass er so von mir dachte und so blieb ich hartnäckig, besorgte mir die Adresse, fasste all meinen Mut zusammen und fuhr selbst zum Training der Berlin Thunderbirds, zum Flag Football. Von dort an habe ich mich kontinuierlich weiter entwickelt.

Miriam Kohlhaas: Was macht deine Position charakterlich aus?

Patrick Finke: Meine Position würde ich mit einem Löwen vergleichen. Wir sind immer auf der Jagd – der Jagd nach dem Ball. Defense Liner sind im Kopf „kranke Typen“, die jedem Stück Fleisch hinterherjagen, das einen Ball in der Hand hat. Ich will den Gegenüber auf jeden Fall umhauen und das Battle gewinnen. Seit 1999 habe ich diese Position komplett zu Meiner gemacht. Ab und zu hatte ich seitdem noch mal die Seiten gewechselt. Die rechte Seite ist ja nicht gleich der linken Seite. Auf der rechten Seite hat man den besten Offense Tackle, weil es die ungeschützte Seite des QB‘s ist.

Miriam Kohlhaas: Warum Defense?

Patrick Finke: Ich habe gemerkt, dass es mir mehr Spaß macht, jemanden zu jagen und zu hitten. Ich habe hier ein klareres Ziel, als den Ball in die Endzone zu bringen. Die Wahrscheinlichkeit eines Hits ist auch viel höher.
Meine persönliche Lieblingsposition ist allerdings die des Runningback, weil ich aus einer Zeit komme, in der es auf dieser Position große Vorbilder gab, die mich sehr geprägt haben.

MIRIAM KOHLHAAS: EIN HOCH AUF DIE DICKEN JUNGS! 

Miriam Kohlhaas: Welchen Preis hast du gezahlt? 

Patrick Finke: Ich habe durch Football meine Schule, meine Ausbildung und auch viele Freunde und meine Familie vernachlässigt. Ich habe mich auf meine Karriere gestürzt und es war ein sehr hoher Preis, den ich damals dafür bezahlt habe.
Auch jetzt investiere ich noch sehr viel Zeit. Fünfmal in der Woche gehe ich ins Fitnessstudio, dazu gehe ich laufen und und habe dreimal in der Woche Teamtraining.
Aus beruflichen und privaten Gründen habe ich 2012 drei Jahre Pause gemacht und habe in dieser Zeit Flag Football gespielt. Ende 2015 habe ich mich entschlossen, ein Comeback in der GFL zu starten. Vor den ersten Spielen musste ich mich mental auf den Kontakt vorbereiten. Ich habe gehofft, dass das Können von damals immer noch da ist. Natürlich war das nicht ganz einfach, aber ich wollte auf dem gleichen Level starten, auf dem ich 2012 aufgehört hatte.

Miriam Kohlhaas: Warum hast du diese Bürde nach deiner dreijährigen Pause noch einmal auf dich genommen? Was war deine Motivation? 

Patrick Finke: Es ist ein super Sport, der mir so viel Spaß macht. Man hat eine tolle Zeit über Jahre mit den Jungs. Ich habe ja nicht aufgehört, weil ich mich verletzt habe. Ich stand beruflich an einem Scheideweg und musste mich dringend weiterbilden. Im letzten halben Jahr der Klausurphase bin ich zum Tryout gegangen und habe mich kontinuierlich darauf vorbereitet.
Irgendwie kommt man nicht los. Auch dieses Jahr hatte ich eigentlich gesagt, ich gehe in „Altersteilzeit“. Am Ende der Saison merkt man seinen Körper immer mehr und die notwendige Regenerationszeit wird immer länger.
Aber der Gedanke, mit den Jungs da draußen Spaß zu haben, motiviert einen immer wieder. Dieses Jahr allerdings soll wirklich mein letztes Jahr sein. Ich sehe viele junge Talente und kann getrost sagen: 21 Jahre – das reicht.

Miriam Kohlhaas: Geht es ganz ohne Football weiter? Oder vielleicht als Coach? 

Patrick Finke: Ich bin jemand, der erst einmal abschalten muss. Ich habe mich bereits im Flag Football als Coach probiert. Ich bemerkte dabei allerdings sehr schnell meine Ungeduld. Wenn die Spieler das nicht direkt so aufnehmen, wie ich es sage, dann möchte ich es am liebsten selbst machen. Bevor ich es zehnmal erkläre, will ich lieber selbst ran.
Der Trainerbereich ist für mich deshalb so schwierig, weil man so viel Toleranz und Ausdauer braucht. Eigentlich genau wie unser Headcoach, der emotional so sehr dabei ist. Dann wird er wütend, weil er es uns Spielern schon so oft erklärt hat, dass ich mich selbst in diesem Moment frage, was stimmt denn mit uns Spielern nicht? Sind wir unkonzentriert oder haben wir uns in den Jahren unser Kurzzeitgedächtnis schon so sehr geschrottet!?

Da sehe ich einfach die meisten Probleme: Wenn man mal streng wird, weil man selbst so hohe Ansprüche hat. Denn eigentlich wünsche ich mir, dass keiner enttäuscht oder eingeschnappt ist.

Aber ganz ohne Football wird es für mich sehr schwer. Seit 2006 gab es nur ein Jahr, in dem ich nicht auf der „roten Wiese“ gewesen bin. In diesem Jahr bin ich nicht mit der Mentalität des damaligen Trainers zurechtgekommen und habe noch einmal bei den Berlin Rebels unterschrieben. Und obwohl es ein tolles Jahr war, so hat mir der Zusammenhalt mit den Jungs hier gefehlt. Ich bin hier eine Ikone – manchmal kommen Jungs auf mich zu und erzählen mir, welch große Ehre es sei, mit mir zu spielen und dass sie damals wegen mir mit dem Football angefangen haben. Aber es wird Zeit diese große Bürde abzugeben – ich möchte nicht nur 50 Jahre alt werden, sondern gesund auch älter. Es wird also Zeit.

Miriam Kohlhaas: Hat sich deine Vorbereitung in den Jahren verändert?

Patrick Finke: Es hat sich über die Jahre drastisch verändert. Früher liefen auf Premiere Football Geschichten von Legenden hoch und runter und jeden Abend vor einem Spiel hat man einfach nur Football geschaut. An dem Morgen des Spiels habe ich Kopfhörer aufgesetzt und mich total konzentriert. Mit den Jahren ist das wesentlich entspannter geworden. Ich schaue mir noch immer die „Big Hit Videos“ der NFL vor einem Spiel an, aber es ist weniger geworden. Das einzige, was mich noch immer sehr motiviert, ist die Zeit in unserem Stadion. Die Fans, wie sie beim Einlauf kreischen und jubeln, wenn man eine gute Aktion gemacht hat – das ist noch immer ein super Gefühl.

Früher habe ich zudem einen Liter Wasser am Abend zuvor, sowie einen Liter Wasser am Morgen des Spieltages getrunken. Milchprodukte am Spieltag vermieden, dann konnten die Vitamine besser wirken. Zudem hat der Coach damals gesagt, drei Tage vor dem Spiel keinen Sex und so war das dann für uns gesetzt. Auf Alkohol verzichte ich zudem allgemein so gut es geht. Je älter man wird, umso länger braucht der Körper um sich zu regenerieren.

Die Ansprache von Al Pacino im Film „Any given Sunday“ höre ich mir immer noch vor dem Spiel an und schaue zudem noch die besten Passrush Videos aller Zeiten. Diese handvoll Dinge haben mich immer begleitet. Menschen wie Lawrence Taylor sind große Ikonen für mich. Sie sind an einigen Stellen gestrauchelt, blieben aber sowohl im Sport als auch nach dem Sport Menschen, die viel geleistet haben.

Durch meine Familie hat sich der Tag auch enorm geändert. Ich versuche so fokussiert wie möglich zu sein aber mit Kindern ist das natürlich schwierig.

Miriam Kohlhaas: War deine Vorbereitung stets dem Gegner und dem Spiel angepasst? 

Patrick Finke: (…) 

Miriam Kohlhaas

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