Denn Jungbleiben beginnt im Kopf, weiß Bestseller-Autor Sven Voelpel
Im Interview mit beauty.de
Wenn man diesen Experten trifft, fragt man sich unwillkürlich: „Wie alt oder wie jung fühle ich mich eigentlich gerade?“ Denn Sven Voelpel, renommierter Altersforscher aus Bremen, ist überzeugt: Alter ist Kopfsache! Der 44-jährige Professor muss es wissen. Mit seinem Buch „Entscheide selbst, wie alt du bist“ trifft er den Nerv der Zeit, sein Ratgeber wurde über Nacht zum Spiegel-Bestseller. Kein Wunder: Selten wusste die Wissenschaft so viel über das Jungbleiben wie heute. So ergeben aktuelle Forschungen, dass der Prozess des Alterns nur zu 30 Prozent durch die Gene bestimmt wird. „Die anderen 70 Prozent kann man deutlich beeinflussen“, erklärt Voelpel. Schon kleine Veränderungen bei der Ernährung, Bewegung oder beim Schlaf erhöhen deutlich die Wahrscheinlichkeit, gesünder alt zu werden. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen, denn wir alle können mehr, als wir uns gemeinhin zutrauen. „Es ist nie zu spät“, heißt deshalb das zentrale Motto für unseren individuellen Jungbrunnen. „Leben pur“ ist ein weiteres Geheimrezept – und mit Sicherheit der beste Anti-Aging-Tipp.
Professor Voelpel, die Redewendung „Man ist so alt, wie man sich fühlt“ wird durch neueste wissenschaftliche Erkenntnisse bestätigt. Was bedeutet dies genau?
Das erkläre ich gerne. Die aktuellen Forschungsergebnisse zeigen: Wer jung denkt, ist jung! Denn aus der Psychologie wissen wir, dass unsere Erwartungen und Gedanken unser Handeln entscheidend mitbestimmen. Unser Lebensstil und unsere Lebenseinstellung beeinflussen stärker als unsere Biologie, wie gesund und lebenshungrig wir sind – ob nun mit 30 oder mit 70. Jahreszahlen allein sind also wenig aussagekräftig.
Würden Sie uns das noch etwas veranschaulichen?
Das gefühlte Alter kann deutlich vom biologischen Alter abweichen. Viele Menschen sind im Alter erstaunlich fit. Sie sind aktiv, agil, neugierig und tragen ihren Teil dazu bei, es auch zu bleiben. Tätig sein, am Ball bleiben, sich einbringen – das alles hat eine Wirkung, die dem Bad im Jungbrunnen offenbar näherkommt als Botox und Lifting. Wenn wir Dinge tun, die uns Freude machen, hält uns das nachweislich jung. Es ist eindeutig belegt: In jeder Phase kann sich ein Mensch entwickeln, neu positionieren und seine Persönlichkeit um weitere Facetten bereichern.
Also: Wer jung denkt, ist jung! Deshalb kann ich nur jedem ans Herz legen: Streichen Sie den Satz „Dafür bin ich zu alt!“ und stürzen Sie sich ins pralle Leben.
In Ihrem Buch formulieren Sie 10 Gebote für ein glückliches Alter. „Neugier statt Kreuzworträtsel“ lautet eines davon. Können Sie uns das näher erläutern?
Aber selbstverständlich! Fragen Sie sich einfach: Wann habe ich zum letzten Mal etwas zum ersten Mal gemacht? Unser Gehirn möchte nämlich bis ins hohe Alter gefordert werden: Neue Erfahrungen sammeln, etwas Neues lernen, sich mit neuen Themen beschäftigen – das ist das beste Fitnessprogramm für unsere grauen Zellen.
Denn unser Gehirn ist wie ein Muskel: Nutzen wir ihn nicht, erschlafft er. Wenn wir ihn aber kontinuierlich beanspruchen, läuft er zur Hochform auf. Forschungsergebnisse zeigen: Bis ins hohe Alter bildet unser Gehirn neue Synapsen, wenn es sie braucht. Kreuzworträtsel und Denksportaufgaben trainieren isolierte Fähigkeiten, beispielsweise Faktenwissen. Ganz anders ist es mit komplexen Aufgaben: Sie fordern uns ganzheitlich! Wenn Sie also eine neue Sprache lernen oder ein Instrument, trainieren Sie auf ganzer Linie. Neugier ist dabei ein guter Motor: Der Besuch einer unbekannten Stadt oder das ehrenamtliche Engagement für Menschen aus einer anderen Kultur halten uns fit, klug und jung.
Die Handlungsmöglichkeiten werden also definitiv vielseitiger. Welche Erkenntnisse gibt es noch für ein erfolgreiches Digital-Marketing?
Parallel sehen wir, dass im Internet Empfehlungsmarketing enorm wichtig und einflussreich ist. Hier spielen „Promoter“ oder „Influencer“, die über positive Erfahrungen mit einer Marke oder einem Produkt berichten, eine große Rolle. Auch der „Content“, also der überzeugende Medien-Inhalt, ist grundlegend: hilfreiche Service-Angebote, die Marken ihren Interessenten und Konsumenten zur Verfügung stellen. Das können konkrete Schmink-Tipps sein oder Tools, die helfen, die richtige Pflege-Creme zu finden.
Wie können sich Unternehmen, Marken und Anbieter bestmöglich im Web präsentieren?
Digitales Marketing basiert auf Inhalten. Marken sollten sich deshalb zunächst fragen, welche Botschaften sie senden möchten. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, müssen diese Botschaften glaubhaft sein und für die Zielgruppe relevant. Die Bedeutung der Geschichte, die hinter einem Beauty- oder Pflegeprodukt steht, nimmt im Internet noch einmal exponentiell zu. Für Marken ist es deshalb enorm wichtig, gute Geschichten zu erzählen – das ist bedeutender denn je zuvor. Geschichte und Angebot sollten Kunden berühren und für sie attraktiv sein. Eine Marke, die eine verständliche Mission hat und für einen definierten Lifestyle steht, kann klare Botschaften formulieren. Die Beauty- und Kosmetik-Branche ist hier im Vorteil, weil es ihr vertraut ist, ihre Produkte als Erlebnis oder Lifestyle-Angebot zu verkaufen. Viele Marken und Produktlinien sind jedoch zu wenig fokussiert, sie verkaufen von allem ein bisschen. Aus Studien wissen wir aber: Spezialisierung gewinnt – und ein scharfes Profil. Bei unserer Arbeit orientieren wir uns deshalb am Marken-Identitäts-Modell. Die Markenidentität und die Markengeschichte stehen bei jedem Entwicklungsschritt einer digitalen Kampagne im Zentrum.
Optimismus und „Lachfalten statt Botox“: Hilft eine positive Einstellung, länger jung zu bleiben?
Absolut! Man kann die wissenschaftlichen Ergebnisse auf folgende Formel bringen: „Wer das Alter positiv sieht, altert positiver.“ Eine lebensbejahende Einstellung wirkt nachweislich lebensverlängernd. Es gilt, wie gerade erwähnt: Unser Denken beeinflusst unser Handeln, und unser Handeln erzeugt unsere Wirklichkeit. Wer beispielsweise denkt „ich bin doch noch jung“, reagiert anders auf Herausforderungen als jemand, der resigniert behauptet: „Ich kann das nicht, ich bin schon zu alt.“ Wir können uns also tatsächlich jung denken.
Interessant! Können Sie das noch ein bisschen ausführen?
Gerne! Wichtig sind bewährte „Grundzutaten“: Optimismus stärkt unsere Gesundheit. Auch Zutrauen ist wichtig. Denn Zutrauen in unsere Fähigkeiten bestimmt wesentlich mit, was uns möglich ist und was wir können. Unsere innere Einstellung gibt uns die Chance, die späten Jahrzehnte zu einem vollwertigen, spannenden, im besten Sinne „lebendigen“ Lebensabschnitt zu machen. Um es bildhaft auf den Punkt zu bringen: Die innere Haltung wirkt dauerhaft, Botox kurzfristig.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist also empfehlenswert: Richten Sie Ihr Leben so ein, dass Sie es als glücklich und lebenswert empfinden. Tun Sie Dinge, die Ihnen Freude machen. So haben Sie gute Chancen, Veränderungen anzunehmen, Lebenskrisen zu bewältigen und das Gefühl der Zufriedenheit zu genießen. Wählen Sie positive Altersvorbilder, gehen Sie mutige kleine Schritte aus der eigenen Komfortzone heraus und pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte. Investieren Sie nicht nur in eine Lebensversicherung, sondern vor allem in Freundschaften und familiäre Bindungen. Sie dämpfen Stress und Ängste, sorgen für Freude und geben unserem Leben einen Sinn. All diese Aspekte sind für ein „sinnerfülltes Alter“ von wesentlicher Bedeutung. Nehmen Sie Ihr Leben selbst in die Hand – und tun Sie alles für Lachfalten!
Uns interessiert natürlich das große Thema „Schönheit“: Welche Tipps haben Sie für Leserinnen und Leser?
Ein spannendes Thema! Denn auch für die „Schönheit“ gilt: Unser Selbstbild beeinflusst unsere ganz persönliche Schönheit, die schließlich aus zahlreichen Facetten besteht. Keineswegs zählen nämlich nur glatte Haut und makellose Körper – sondern vielmehr Persönlichkeit, Intelligenz und Humor. Und dafür können wir etwas tun! Wenn wir das Alter positiv sehen, ihm also gute Seiten abgewinnen, altern wir nachweislich auch positiver. Das ist das Phänomen der „selbsterfüllenden Prophezeiung“. Der wahre Jungbrunnen sitzt also auch hier in unserem Kopf – und mit ihm können wir uns täglich körperlich verjüngen.
Der Positiv-Effekt gilt übrigens auch für Liebe und Sexualität. Darf ich Ihnen hier ein schönes Beispiel nennen? Jane Juska, US-Autorin und ehemalige Lehrerin, veröffentlichte mit 66 Jahren eine aufsehenerregende Anzeige in der New York Times: „Bevor ich – nächsten März – 67 werde, möchte ich viel Sex mit einem Mann, der mir gefällt. Falls Sie vorher reden wollen, Anthony Trollope ist mein Lieblingsautor.“ Die Reaktion war „überwältigend“, berichtete Juska später. Viele Begegnungen resultierten aus dieser mutigen und ungewöhnlichen Kontaktaufnahme – und füllten später ein ganzes Buch.
Um es auf den Punkt zu bringen: Es ist ein Irrglaube, nur ein junger und straffer Körper sei „schön“ und begehrenswert. Die Wissenschaft zeigt vielmehr: „Leben pur“ und tun, was einem gefällt – das ist das beste Schönheitsrezept. Wir dürfen uns also gerne um unsere Schönheit kümmern, müssen es aber nicht übertreiben. Wenn das kein entspannender Gedanke ist, oder?
Gesund und fit bleiben durch Bewegung: Sie plädieren für kleine sportliche Einheiten im Alltag. Fahrrad statt Auto, Treppe statt Fahrstuhl. Es muss also nicht zwingend das Sportstudio sein. Dürfen wir Sie zum Abschluss um drei gute Fitness-Tipps bitten?
Aber gerne!
- Tanzen Sie! Wann immer und wo immer es Ihnen möglich ist. Tanzen ist Fitness und Spaß pur
- Ein Tipp fürs Büro: Verwandeln Sie Sitzungen in „Stehungen“. Denn stundenlanges Sitzen ist nicht gesundheitsförderlich. Wenn Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen stattdessen im Stehen diskutieren, sind Sie vielleicht sogar schneller fertig!
- Ein Tipp für zu Hause: Fernsehgucken und dabei auf dem Sofa sitzen? Bringen Sie lieber Bewegung in Ihren Fernseh-Abend! Kaufen Sie sich ein Fahrradergometer oder einfach Hanteln – und trainieren Sie bei den Nachrichten. Alternativ können Sie auch Eigengewichtübungen machen wie Liegestützen, Hand- oder Kopfstand – und damit beim „umgedrehten“ Fernsehen die Gehirnzellen gleich doppelt anregen. Vielleicht macht sogar Ihre Familie bei diesem Jungbrunnen mit, denn gemeinsam hat man noch mehr Spaß.