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14. Februar 2018

11. Kölner Wissensforum 2018

Gute Auftritte sind wie Wettkämpfe

Seit 12 Monaten trainiere ich jetzt für mein Projekt „Malaga 2018“ (800 Meter und 1.500 Meter beim World Masters Athletics Championship oder wie man auf Deutsch sagen würden: bei den Senioren-Weltmeisterschaften). Wie schrecklich klingt das denn? Als ob ich mit einem Rollator laufe. Obwohl die Vorstellung ja auch was hat…

Doch wenn ich dann Freunden erzähle, dass mit Training, meinem Blog „Knacki rennt“ und mit den Anfahrten zum Training, zur Physio oder zum Arzt gerne mal 20 bis 25 Stunden pro Woche zusammenkommen, kann ich verstehen, dass ich immer wieder gefragt werde, ob ich das wirklich bis zum Ende durchziehen werde?

Natürlich werde ich das durchziehen und natürlich habe ich diese Entscheidung auch schon mehrmals hinterfragt: Warum mache ich das? Was lässt mich durchhalten? Geht es wirklich nur ums Gewinnen?

Eins kann ich jetzt schon sagen: es lohnt sich und zwei wesentliche Erkenntnisse haben sich bisher verfestigt. Erstens braucht es mehr als nur den Willen zu gewinnen. Natürlich will ich gewinnen ;), aber um lange durchzuhalten und Durststrecken zu überstehen, braucht es einen Antrieb, der stärker ist als nur ein einfaches Leistungsziel. Was man braucht, ist eine Mission. Ein persönlicher Beweggrund, der unser Ziel in ein übergeordnetes Bedürfnis- und Motivationssystem einbaut. So eine Mission ist mit Sicherheit nicht so allumfassend wie moralisch religiöse Grundsätze, aber sie hat den Vorteil, dass wir sie maßgeschneidert für unser jeweiliges Vorhaben suchen und anpassen können. Und ich weiß aus vielen Projekten, dass wenn dieser motivatorische Unterbau fehlt, es schwer wird wirklich lange durchzuhalten.

Meine Mission besteht aus drei Bestandteilen. Erstens dem Wunsch den „Sack zu zumachen“. Ich wollte mein Leben lang auf einem richtigen großen Wettbewerb starten. Bis zu den Deutschen Meisterschaften habe ich es zwar geschafft, aber der nächste richtig große Schritt blieb mir verwehrt. Und das habe ich immer bedauert. Zweitens möchte ich möglichst vielen Menschen zeigen, dass wir, auch wenn wir älter werden, immer noch eine Zukunft haben. Und drittens habe ich mir vorgenommen, noch einmal ein verrücktes Abenteuer zu starten und es zu genießen. (Midlife-Crises? Glaube ich nicht. Und wenn? Wem schadet es?!) Ich kann nicht sagen, welcher dieser drei Beweggründe mich am meisten puscht. Aber auch nach 12 Monaten inklusive drei Monaten mit Verletzungen bin ich noch mit viel Spaß bei der Sache.

Doch auch in Hinblick auf ein zweites Thema hat mir dieses Projekt viel gebracht. Nach 34 Jahren Bühnenerfahrung war ich fest überzeugt: ich weiß Alles zum Thema Auftreten, Präsentieren und Vortragen. Aber mein neues Training und vor allem die Wettkampfvorbereitungen haben mir jede Menge neue bzw. schon wieder vergessene Erkenntnisse geliefert.

Themen wie Lampenfieber, Nervosität und Fokussierung sind mir natürlich nicht unbekannt. Letztendlich sind Auftritte auch immer eine Form von Wettkampf, aber wenn du über 30zig Jahre auf der Bühne stehst, dann rutscht du irgendwann in Automatismen rein. Die Vorbereitung auf die ersten Wettkämpfe hat mir die Chance gegeben, die grundsätzliche Herangehensweise an Wettkämpfe und damit auch an Auftritte noch einmal neu zu betrachten.
Im Gegenzug zu den Auftritten habe ich bei dem Thema Wettkampf verstanden, dass man sich schon in der Trainingsphase mit mentalen Fragen beschäftigt sollte. Visualisierungstechniken wie sie im Sport Gang und Gäbe sind, helfen auch für jede Form von Auftritten. Sich vorzustellen wie man aufgeht, den ersten Satz abliefert und auch bei schwierigen Zuschauerbedingungen ruhig bleibt, kann einem das Leben auf der Bühne erheblich erleichtern. Wichtigste Bühnenregel: Wenn etwas schiefgeht – und es geht immer etwas schief – nicht aufregen, sondern lächeln. Auch wenn Ehrlichkeit eine große Tugend ist, so muss man doch nicht jede Emotion sofort zeigen. Sie können jedoch Ihre Reaktionen nur kontrollieren, wenn Sie sie im Vorfeld trainieren. Ich stelle mir immer schwierige Situationen vor, zum Beispiel Probleme mit der Technik oder dem Publikum und dann stelle ich mir vor wie ich entspannt reagiere und freundlich weiter lächle. Stellen Sie sich Ihre Sorgen vor und überlegen Sie wie Sie reagieren. Ich verspreche, wenn Sie sich nur zwei bis drei Minuten am Tag damit beschäftigen, werden Sie im Ernstfall Ihre Emotionen viel besser im Griff haben.

Bei meinem ersten Wettkampf wurde mir auch wieder klar, wie nervös man kurz vor seinem Vortrag oder Auftritt werden kann und ich ertappte mich wie ich eine Stunde vor dem Start dachte: „Jetzt wäre ich gerne Zuhause.“ Solche Gedanken müssen Sie, sobald sie aufpoppen sofort zur Seite schieben. Sagen Sie sich knallhart: „Nein. Jetzt freue ich mich seit Wochen darauf, jetzt ziehe ich das durch! Ich bin nervös? So what!“ Allein solche Gedanken können Ihre Stimmung sofort verändern.

Aber vielleicht haben Sie ja gar keine Angst, sondern nur „keine Lust.“ Dazu habe ich eine klare Meinung. Angst ist nachvollziehbar. Angst hat jeder und Angst zeigt einem zumindest, dass man auf dem richtigen Weg ist. Doch „keine Lust“ geht überhaupt nicht, dann haben Sie etwas in der Vorbereitung falsch gemacht. Sie haben sich nicht wirklich mit Ihrer Motivation und Ihre Mission beschäftigt.

Doch selbst dann bleibt Ihnen nichts übrig als sich jetzt in die richtige Stimmung zu bringen und das ist der einfachste Trick für eine gute Performance. Man sieht Ihnen Ihre Stimmung immer an. Also arbeiten Sie an dieser Stimmung. Sie allein sind dafür verantwortlich. Egal ob Sie Angst haben oder nur „keine Lust“. Denken Sie stark. Freuen Sie sich auf das, was gleich passiert. Es ist Ihr Job.

Jetzt gibt natürlich auch den Fall, wo man sich grundsätzlich auf den Vortrag oder die Präsentation freut, aber es sind die Rahmenbedingungen, die einen extrem nervös machen. Auch diesbezüglich haben mich meine neuen Lauferfahrungen solche Situationen neu erleben lassen.

Es ist egal, ob Zuschauer laut sind, Interviewpartner nicht so reagieren wie abgesprochen oder die Technik nicht so funktioniert, wenn Sie cool UND dabei noch freundlich bleiben, merken Sie, wie Sie sich auch in schwierigen Momenten wieder aufbauen und die Mitstreiter und Mitstreiterinnen plötzlich wieder mitarbeiten.
Mir ist schon klar, dass jetzt einige denken: „Ich bin aber nicht cool! Das ist doch DAS Problem.“ Verstehe ich. Aber, es gibt immer ein ABER. Wenn Sie nicht „cool UND freundlich“ sind, dann versuchen Sie „cool UND freundlich“ „zu spielen“ und zwar so gut wie es Ihnen möglich ist und Sie werden merken wie Sie nach und nach in die entsprechende Stimmung und Verhalten hineinrutschen.

Das ist jetzt kein selbstgebauter Tipp, sondern das sind Erkenntnisse, die auf verhaltenspsychologischen Untersuchungen basieren. Genauso wie Auftritte viel mit Wettkämpfen zu tun haben, so sind Schauspielfähigkeiten ein Mittel, Stimmungen zu erzeugen und zu lenken. Und die richtige Einstellung und Ausrichtung der Stimmung ist ein einfaches Tool, seine Wettkampfqualität schnell zu steigern. Gute Wettkämpfer sind guter Schauspieler. Man muss sich nur mal anschauen wie große Sportler und Sportlerinnen auf den Platz gehen. The Walk of champions – selbstbewusst und voller Freude.

Zusammengefasst heißt das: Vorbereitung ist alles. Schon in dieser Phase kann ich mich durch einfache Visualisierungstechniken mit der Situation beschäftigen und werde nicht mehr so einfach überrascht. Zweitens ist es meine Aufgabe, mich vor dem Auftritt in die richtige Stimmung hineinzuversetzen. Dieser Ansatz ist der einfachste Weg seine Performance aus dem Stand zu verbessern. Und drittens der Walk of champions. Man kann zwar seine Emotionen nicht immer kontrollieren, sehr wohl kann man aber wie Schauspieler an seinem Aufgang und seinem Ausdruck arbeiten und dadurch nicht nur Zuschauer und Mitstreiter beeinflussen, sondern, was das eigentliche Ziele ist, über Ausdruck und Gestik sogar seine eigenen Emotionen wieder in die gewünschten Bahnen lenken.

 

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