Der Steirer Andreas Herz ging den Jakobsweg. Legte die gigantische Strecke in nur 21 Tagen zurück, kämpfte gegen Blasen, Wanzen, Muskelkater. Und kam „ganz anders“ heim…
Darf man über den Vizechef der steirischen Wirtschaftskammer schreiben, dass er ein lässiger Typ ist? Wahrscheinlich nicht. Aber ein charismatischer Mann ist Andreas Herz unbestritten, ein guter, interessanter Redner, einer, dem man gerne zuhört. Darüber, wie man ein Stehaufmännchen wird, hat er, der in einem erbitterten Kampf den Krebs besiegt hat, den „Krone“- Lesern schon vor Jahren mitreißend erzählt. Und jetzt war der Familienvater auf dem Jakobsweg. Hat 810 Kilometer zurückgelegt. Weil: „Ich wollte halt wissen, ob ich das schaffe, und über meine Grenzen gehen.“ Dem Entschluss folgte die Umsetzung. Einen Ratgeber gekauft. Einen Rucksack von 15 Kilo gepackt. Dreimal auf den Reinischkogel gegangen – und dann ab nach Spanien. Fünf Wochen hatte er sich Zeit gegeben, um die 810 Kilometer zu überwinden. Drei (!) hat er gebraucht, bis zu 50 Kilometer am Tag „runtergeradelt“. „Das war jetzt nicht mal mit extremem Ehrgeiz verbunden“, versichert der Steirer.
„Die anderen haben das meist so gehalten, dass sie am Vormittag gegangen sind, sich zu Mittag eine Herberge gesucht und dann geruht haben. Ich hatte halt Lust, auch am Nachmittag weiterzugehen.“ Einmal sogar nachts – das war allerdings anderen Umständen geschuldet: „Ich hatte da mit einem Unbekannten gemeinsam ein Zimmer. Und der hat sich in der Nacht einen Joint angezündet, den man im ganzen Haus gerochen hat. Da hab ich mir gedacht: Jössas, wenn wer die Polizei holt, dann nehmen die mich auch noch mit!“ Also: Stirnlampe rauf, sogar nachts weiter. Da macht man dann schon Kilometer. Ans Aufgeben habe er gedacht, mehrmals, oft genug war da das „Für was tu ich mir das an?“. Wenn nur noch Schmerztabletten gegen die Knochenhautentzündung geholfen haben. Wenn der Regen waagrecht daher gekommen ist. Die Kälte beißend, die Sonne stechend wurde, die Blasen „scheißweh“ getan haben. „Aber einmal ist eine Russe vor mir gewesen, mit einer Blutblase, die faustgroß aus dem Schuh rausgehängt ist. Und da hab ich mir gedacht: Wenn der weitergeht – kann ich auch. Wir haben uns dann beide am Ziel wieder getroffen.“ Hochinteressante Begegnungen hatte Herz, „da gehen ja die unterschiedlichsten Menschen. Reiche, arme, Paare, die alleine wandern, sich erst abends wieder treffen. Manche, die schweigen, andere, die reden wie ein Wasserfall. Alle mit den unterschiedlichsten Motivationen.“ Die Landschaften waren „atemberaubend schön, da kommst du aus dem Staunen gar nicht heraus“. Was für ihn das Ärgste war: „Dass du zu 100 Prozent aus deiner Komfortzone raus musst. Du musst mit 15, 20 Leuten ein Zimmer teilen, ich kenne seither alle menschlichen Geräusche und Gerüche dieser Welt. Wenn du aufs Klo musst, gibt’s sogar dafür Zeugen.“
Mit Bettwanzen hat er oft genug seinen Schlafsack teilen müssen: „Wissen Sie, dass die Viecher riesig sind? Und große Bisswunden machen?“ Danke, jetzt schon… 810 Kilometer später in der Kirche von Santiago kam die ungläubige Frage, ob er denn mit dem Rad gefahren wäre, oder hin und wieder mit einem Auto..? „Nein, ich habe keine Lust, mich selbst zu belügen.“ Sechs Kilo hat er auf dem Jakobsweg liegen gelassen. Und dafür viel mitgenommen: „Wissen Sie, beim Gehen hat man viel Zeit zum Nachdenken. Über sich selbst, über Entscheidungen, die man trifft, Wege, die man einschlägt.“ Und der Bewunderer von Sebastian Kurz traf einen Entschluss: „Für den Nationalrat zu kandidieren!“ Alles Gute, sagen wir da. Denn auch das wird er schaffen, der lässige Herr Herz.
von Christa Blümel