Dienstag, 25.07.2017
Welche Ziele sollte die Facebook-Seite einer Fahrschule haben?
Vertrauen aufbauen, Ängste nehmen und sich vor allem von der menschlichen Seite zeigen.
Zur Person Stefan Gröner:
Wie erreicht man junge Menschen in der Werbung? Mit diesem Thema kennt sich Professor Dr. Stefan Gröner gut aus, schließlich hat ihn die „Bravo“ lange Zeit auf seinem Berufsweg begleitet. Er war zunächst als Verlagsleiter und später als Geschäftsführer für alle Jugendmarkt-Aktivitäten der Bauer Media Group verantwortlich. Doch der Unternehmensberater und Vortragsredner kennt sich nicht nur in der Praxis, sondern auch in der Wissenschaft gut aus: Er hat BWL und Kommunikationswissenschaft studiert, später den Doktortitel erworben und doziert seit 2009 an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Seit 2015 ist er zudem Dekan für Unternehmenskommunikation an der privaten Hochschule Fresenius in München. Seine zusätzlichen Fachgebiete: Unternehmensstrategie und Sportmanagement. Das kommt nicht von ungefähr, denn Gröner blickt auf eine Vergangenheit im Leistungssport zurück. Zwischen 1983 und 1995 hat er in mehreren Vereinen der ersten und zweiten Hallenhandball-Bundesliga sowie in diversen Kadern der deutschen Nationalmannschaft gespielt.
Sie warnen vor einem Donald-Trump-Effekt in der Werbung. Was meinen Sie damit?
Der US-Wahlkampf hat gezeigt, dass für jüngere Menschen Facebook & Co. zunehmend die wichtigste Informationsquelle werden. Auf den meisten sozialen Kanälen spielen ausgewogene und faktenreiche Analysen allerdings kaum eine Rolle. Stattdessen dominieren vermeintlich coole und simplifizierende Kurzinhalte. Genau auf die hat Donald Trump gesetzt – und gewonnen. Wenn Unternehmen in sozialen Medien werben, besteht ebenfalls die Gefahr, dass sie Opfer des Donald-Trump-Effektes werden: Ihre seriöse Botschaft könnte neben den lauten Köderangeboten oder schönen Bildern der Konkurrenz verblassen und von den Nutzern nicht geteilt werden.
Würden Sie Fahrschulen also davon abraten, in sozialen Medien zu werben?
Nein! Diese Kanäle sind immens wichtig, wenn Sie junge Zielgruppen ansprechen wollen. Nur glaube ich nicht, dass jedes Unternehmen auch auf jeder Internet-Plattform präsent sein muss. Am Anfang aller Werbeaktivitäten sollte immer eine saubere Analyse stehen: Ist mein Produkt oder meine Dienstleistung überhaupt für dieses Medium geeignet?
Instagram zum Beispiel ist sehr Lifestyle-lastig, die Plattform lebt allein von Optik, von ansprechenden Bildern. Fahrschulunternehmer, die dort präsent sein wollen, müssen sich Gedanken machen, mit welchen Bildern sie sich präsentieren können, um aufzufallen. Außerdem sollten Sie sich fragen, welche Funktion die jeweilige Plattform hat und ob sie zu Ihrem Unternehmen passt. Snapchat etwa lebt von lustigen Gesichtsfiltern und der Vergänglichkeit hier eingestellter Beiträge – Fotos und Videos sind maximal 24 Stunden sichtbar. Diese Funktionen dürften einer Fahrschule in ihrem Marketing nicht weiterhelfen. Ein Foto vom Fahrlehrer mit eingeblendeten Schweineohren braucht schließlich niemand. Anders als oft behauptet, ist es für Unternehmen absolut keine Pflicht, auf allen Plattformen dabei zu sein, um eine wirksame Social-Media-Präsenz zu gewährleisten.
Welche Art von Social-Media-Werbung würden Sie denn empfehlen?
Eine Facebook-Seite beispielsweise würde ich als Pflichtveranstaltung ansehen – wenn sie gut gepflegt wird. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Profilseite, auf der nur alle zwei Wochen etwas gepostet wird. Facebook lebt von News und spannenden Inhalten. Doch auch hier sollten Sie niemals Ihr Marketingziel aus den Augen verlieren. Für eine Fahrschule lautet es: Vertrauen aufbauen, Ängste nehmen und sich vor allem von der menschlichen Seite zeigen, denn schließlich muss man es mit dem Fahrlehrer ja einige Stunden alleine aushalten können. Das sollten Sie bei der Auswahl Ihrer Postings immer im Hinterkopf behalten. Eine „Wall of Fame“ zum Beispiel, auf der alle Schüler zu sehen sind, nachdem sie ihre Prüfung bestanden haben, würde Sie diesem Ziel näherbringen. Das baut Vertrauen und Emotionalität auf. Wenn der Fahrlehrer dagegen Schnappschüsse einstellt, die womöglich sogar während der Fahrt gemacht werden, wirkt das kontraproduktiv.
Aber ist das nicht ein bisschen altmodisch? In sozialen Medien sind doch alle Firmen so locker drauf …
Mag sein, doch die Frage ist, ob das auch die Kaufentscheidung der Kunden beeinflusst. Unternehmen, die Vertrauen aufbauen wollen, sollten nicht nur auf Social Media setzen, sondern auf einen ausgewogenen Marketing-Mix. Auch Zeitungsanzeigen oder Außenwerbung haben durchaus ihre Berechtigung. Das ist nicht „Old School“, sondern effektiv – gerade für Fahrschulen. Außerdem sollten Sie bedenken, dass die Entscheidung über die Fahrausbildung häufig bei denen liegt, die sie bezahlen – den Eltern und Großeltern. Und die erreichen Sie nicht, wenn Sie ausschließlich auf Social Media setzen. Das gleiche Thema haben wir übrigens im Hochschulbereich: Bei der Wahl des Studiengangs haben die Eltern immer noch viel mitzureden. Deshalb haben Hochschulen auch meist ein konservatives Werbeportfolio.
Sie empfehlen in Ihren Vorträgen, das Produkt zu „emotionalisieren“. Wie geht das?
Zu den wichtigsten Maßnahmen gehört, in der Werbung Menschen zu zeigen. Auf die Fahrschule übertragen bedeutet das: Die Mitarbeiter sollten optisch im Mittelpunkt stehen, nicht Ihr Fuhrpark! Zeigen Sie eine Truppe, die cool und trotzdem seriös rüberkommt. Sobald Gesichter und einzelne Personen auftreten, entsteht Emotionalität. Insofern ist es auch okay, wenn die Fahrlehrer selbst in sozialen Medien posten. Nur sollten sie das nicht während des Unterrichts tun, sondern in einer Art und Weise, die ihre Kompetenz unterstreicht.
Anderes Thema: In Ihren Vorträgen sprechen Sie viel über die „Digitale Disruption“. Betrifft die auch die Fahrschulbranche?
Sie betrifft alle Branchen – besonders stark die Automobilindustrie und alle von ihr abhängigen Bereiche. Auf der einen Seite sehen wir eine Wende bei der Antriebstechnologie, auf der anderen Seite wird das autonome Fahren schon bald eine extreme Dynamik entwickeln. Beides zusammen bedeutet, dass Fahrschulen meines Erachtens in fünf Jahren nicht mehr so ausbilden können wie heute.
Wie dann?
Das lässt sich im Detail noch nicht abschätzen. Wir befinden uns in einer Übergangsphase. Mehr und mehr Teile des Fahrens laufen in Zukunft autonom ab. Einparken zu üben zum Beispiel könnte als Erstes überflüssig werden, weil der Pkw das selbst erledigt, genau wie das Stop-and-go-Fahren im Stau. Die entsprechenden Assistenzsysteme sind ja schon auf dem Markt. Und so wird es weitergehen, bis überhaupt nicht mehr gesteuert werden muss. Ich würde den Fahrschulen empfehlen, die Fun-Aspekte in der Ausbildung weiter auszubauen. Denn in diese Richtung wird es meiner Meinung nach gehen: Fahren als Freizeitvergnügen. Denken Sie beispielsweise an Serpentinenfahrten durch die Berge oder Offroad-Kurse.
Haben Sie selbst noch ein eigenes Auto?
Nein, aber ich nutze viele andere Mobilitätsangebote, sei es DriveNow, Uber oder Clever Shuttle. Ohne Führerschein geht es für mich also noch nicht. Ähnliches beobachte ich übrigens bei meinen Studenten: Die Nachfrage nach persönlicher Mobilität ist durchaus noch da, aber zugleich möchte man auch ständig online aktiv sein. Und dieses Bedürfnis ist bei vielen größer, als hinterm Steuer zu sitzen.
Das könnte Sie auch interessieren:
https://www.speakers-excellence.de/se/blog/koerpersprache-ist-unser-potential/