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26. April 2017

Ratgeberin auf allen Kanälen – Jutta Rump – Employability (Teil 2)

Aktuell in Mode ist das Brillenmodell „Arbeiten 4.0“. Dazu erscheint von Ihnen auch in Kürze ein neues Buch. 4.0 ist zu einer Art Chiffre für die Zukunft der Arbeit geworden. Wie sieht sie aus?
Es gibt eine Reihe von Megatrends wie Demografie, Digitalisierung, Wissens- und Innovationsgesellschaft oder den gesellschaftlicher Wertewandel. Diese Entwicklungen haben Auswirkungen auf das System Arbeit. Was passiert auf der Mikroebene bei den Arbeitsplätzen? Was passiert auf der Mesoebene im Unternehmen, mit Führung, mit der dualen Ausbildung oder den Karrieremodellen? Was passiert auf der Makroebene, zum Beispiel mit der Sozialpartnerschaft? Zu diesen Fragestellungen gibt es noch zu wenige Antworten, teilweise werden noch nicht einmal die Fragen in der Breite diskutiert. Beispiel Bankausbildung. Wir schicken die Azubis in eine standardisierte Filialwelt hinaus, wohlwissend, dass es diese Filialen zukünftig kaum noch geben wird. Wir bilden also für eine Welt aus, die mit der zukünftigen nichts mehr zu tun hat.

Müssen sich Personaler Sorgen machen, wenn man in die Arbeitswelt 4.0 blickt?
Alle Personaler, die beweglich sind, müssen sich überhaupt keine Sorgen machen. Im Gegenteil. Sie werden wichtige Ansprechpartner für die Gestaltung der Arbeitswelt sein.

Aus der Studie der Robert Bosch Stiftung, Zukunft der Arbeit 2030, an der Sie mitgewirkt haben, wurde eine Zahl besonders häufig zitiert: Demnach fehlen dem deutschen Arbeitsmarkt bis 2030 über 6,5 Millionen Fachkräfte. Wie stark wirken dagegen die Produktivitätseffekte der Digitalisierung?
In der Studie aus dem Jahr 2013 haben wir die Angebotsseite quantifiziert, sind also der Frage nachgegangen, wie viele Fachkräfte dem deutschen Arbeitsmarkt 2030 zur Verfügung stehen. Dabei sind wir von einer gleichbleibenden Nachfrage nach Arbeitsplätzen ausgegangen. So ist die erwähnte Arbeitskräftelücke prognostiziert worden. Zu den Gesamteffekten der Digitalisierung gibt es unterschiedliche Einschätzungen. Es werden neue Tätigkeiten und Berufsfelder entstehen, andere sind gefährdet. Neu ist sicherlich, dass negative Beschäftigungseffekte auch für das mittlere Qualifikationssegment erwartet werden.

Die sogenannte Oxford-Studie von Frey und Osborne hat 2013 genau diesen Effekt für zahlreiche Berufe prognostiziert.
Das ZEW aus Mannheim hat ähnliche Effekte für den deutschen Arbeitsmarkt berechnet. Diese Studie analysiert allerdings nicht einzelne Berufe, sondern blickt auf Tätigkeiten, die in unterschiedlichen Berufen zum Tragen kommen. Und hier zeigt sich, dass auch bei komplexeren kognitiven Tätigkeiten die Digitalisierung zu Rationalisierung führt.

Sie sind mit Ihren zahlreichen Projekten, Veröffentlichungen und Vorträgen omnipräsent. Sie managen ein Institut, arbeiten in vielen Gremien mit und lehren natürlich auch noch an der Hochschule. Bei so viel Arbeit: Wie steht es um Ihre Work-Life-Balance?
Ich muss vorwegschicken: Als Forschungsprofessorin leiste ich nur ein halbes Lehrdeputat. Trotzdem reicht ein Achtstundentag nicht aus. Aber ich habe das große Glück und Privileg, einer Arbeit nachzugehen, die ich liebe, die meinen Stärken und Talenten entspricht. Deshalb erlebe ich sie nicht als Bürde oder Stress. Im Gegenteil: Positiver Stress ist ein Energiespeicher. Ich versuche dennoch, die Balance zu halten. Wenn man viel arbeitet, braucht man im Privatleben umso mehr Harmonie. Die habe ich. Mein Mann ist eine sehr große Stütze. Das gibt Kraft.

Eine Kraftquelle sind auch Ihre Reisen, wie man hört.
Absolut. Mein Traum ist, zu Lebzeiten alle Länder der Erde erkundet zu haben.

Wie viele fehlen noch?
Noch sehr viele, aber ich konnte schon 75 Länder bereisen. Mein Mann und ich gehen jedes Jahr im August drei bis vier Wochen auf Reisen. Reisen bedeutet dann von Ort zu Ort ziehen.

Sie sind also auch im Urlaub ständig in Bewegung.
Ich bin immer in Bewegung. Das gehört zu mir. Nichtstun kann ich nicht.

Sie sind Forschungsprofessorin, sagten Sie. Wie viele Vorlesungen halten Sie noch?
Ich halte noch drei bis vier Vorlesungen zu den Themen Organisationsentwicklung, internationales Personalmanagement und Zukunft der Personalarbeit. Dabei versuche ich, die Vorlesungen überwiegend als Blockseminar zu gestalten. Darin lässt sich viel innovativer und intensiver arbeiten als in klassischen Vorlesungen.

Wo gehen Ihre Absolventen nach dem Studium hin, zur BASF hier in Ludwigshafen?
Da es nicht so viele personalwirtschaftliche Studiengänge in Deutschland gibt, haben wir ein recht großes Einzugsgebiet. Und so wählen die Studenten auch ihre Praktikumsplätze und später ihre Einstiegsstellen bundesweit aus.

Sie selbst haben Ökonomie in Bochum studiert. Wie sind Sie zur Personalwirtschaftslehre gekommen?
Durch Zufall und dank des Mauerfalls. Meine letzte mündliche Prüfung hatte ich bei Professor Engelhardt, damals Marketing-Professor in Bochum. Nach der Prüfung fragte er mich, ob ich bei ihm arbeiten wolle. Doch nach wenigen Monaten hatte ich das Gefühl, ich müsse weiterziehen, etwas Neues in einer neuen Stadt erleben. So nahm ich in Köln eine Stelle am Institut für Verkehrswissenschaften an, fand dann ein Jahr später aber meine wahre Berufung: ein Forschungsprojekt am Institut für Psychologie im Auftrag der Treuhand, bei dem Betriebe der ehemaligen DDR im Transformationsprozess begleitet werden sollten. Das war eine einmalige Chance. Im Kontext dieses noch nie dagewesenen Transformationsprozesses suchte ich mir auch mein Promotionsthema. Ungewöhnlich dabei: Ich promovierte bei Fred Becker, der zu dieser Zeit einen personalwirtschaftlichen Lehrstuhl an der Uni Jena aufbaute, also bei einem externen Doktorvater. Das passte insofern auch gut, als ich durch das Projekt sehr oft in Thüringer Betrieben Interviews mit Beschäftigten führte.

Wie lautete das Thema Ihrer Promotion?
Das Projekt hieß: Die betriebliche Personalpolitik in Unternehmen der neuen Bundesländer. Mein Promotionsthema lautete: Motivation und Leistungsverhalten in Thüringer Betrieben im Transformationsprozess. Hier konnte ich psychologische und soziologische Aspekte vereinen und das Handwerkszeug der qualitativen Sozialforschung erlernen.

Aus dieser Zeit stammt also die DNA Ihres Instituts.
Ja, die Schwerpunkte unseres Hauses lassen sich darauf zurückführen. Mein Werdegang wäre komplett anders verlaufen, wenn es nicht dieses Transformationsprojekt gegeben hätte. Rückblickend muss ich sagen, ich stand zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle.

Weitere Informationen zu Jutta Rump erhalten Sie hier: http://www.esa100.de/redner/jr.html

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