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2. August 2016

Die Arbeitswelt braucht Helden, keine Märtyrer

Die Arbeitswelt braucht Helden, keine Märtyrer

Wer einen Arbeitsplatz gefunden hat, ist froh. Wer ihn behalten möchte, passt sich an. Anpassungsbereitschaft scheint geradezu ein Kennzeichen unserer Kultur zu sein. Bei uns werden Menschen von Kindesbeinen an passend gemacht. Die meisten von uns entwickeln ihre Identität erst gar nicht. Wenn sie sich selbst beschreiben sollen, sprechen sie über äußere Kennzeichen wie Körpergröße und Augenfarbe, erwähnen ihre Herkunft, nennen ihren Familienstand oder schildern ihre berufliche Position. Nichts von all dem berührt ihr Inneres. Was ist mit der Persönlichkeit?

Erziehung vom Fließband und ihre Folgen

Industrialisierte Produktion führt offenbar zu einer industrialisierten Erziehung. Man bringt allen Kindern das Gleiche bei, verbietet Abweichungen und erhält am Ende ein konformes und gehorsames Heer von Arbeitskräften. Das funktioniert prächtig, weil man den Kindern schon früh einen Mangel an Selbstvertrauen einpflanzt. Sie definieren sich nicht durch ihre Persönlichkeit und ihre Eigenart, sondern durch die Rollen, die sie für ihre Eltern und Erzieher spielen. Sie verlernen, in sich hineinzuhorchen und fühlen sich als Erwachsene vor allem deswegen stark, weil sie „es“ geschafft haben: Sie  können sich etwas leisten! Die Anpassungsbereitschaft hat sich bezahlt gemacht. Allerdings fällt gleich ein zweifacher Preis an.

Auf individueller Ebene besteht der Preis im Verlust der eigenen Lebendigkeit. Die innere Leere wird jedoch nicht bewusst wahrgenommen, sondern mit Konsum gefüllt. Das ist fatal. Denn jahrelange Verpflichtungen gegenüber einer Bank binden ans System. Die moderne Sklaverei funktioniert über Schulden.

Auf gesellschaftlicher Ebene führt die Erziehung zur Anpassung auf direktem Wege in die Dysfunktionalität. Nicht nur, dass jedes Unternehmen einen Verlust an unternehmerischem Denken und Handeln hinnehmen muss, weil Arbeitssklaven nun mal keine kreativen Unternehmer sind. Vielmehr leidet die Gesellschaft als Ganzes unter der übergroßen Anpassungsbereitschaft. Denn es macht unglücklich, sich selbst zu verleugnen und die eigene Lebendigkeit aufzugeben, um Erwartungen zu erfüllen. Die vielen Studien zur Arbeitszufriedenheit wie beispielsweise die jährlich erscheinende Gallup Engagement Studie zeugen unmissverständlich von der Größe des Unglücks. Auch die wachsende Zahl der Burnout-Kranken spricht eine deutliche Sprache. Wollen wir wirklich so weitermachen?

Die große Lüge

Der gesellschaftliche Mythos vom Glück beruht auf dem Haben. Wir lernen, dass wir bestimmte Dinge haben müssen, damit wir glücklich sein können. Das Eigenheim gehört dazu, natürlich auch ein tolles Auto, ein aktuelles Smartphone und all die anderen Dinge, bis hin zum richtigen Waschmittel. Die Werbung macht uns unermüdlich klar, was wir anschaffen sollten. Dabei können wir jeden Tag beobachten, wie wenig tragfähig all das ist. Wer sein Glück auf Konsum baut, findet nicht etwa Erfüllung, sondern er wird zwangsläufig süchtig. Denn kein Konsumgut der Welt kann die Seele nähren. Konsum ist Ersatzbefriedigung. Man braucht immer mehr davon und wird doch nicht satt. Stattdessen steigen die Schulden und damit festigt sich die Bindung ans System. Ein Teufelskreis.

Das Ende der Sklaverei

Dieser Teufelskreis erzeugt ein Märtyrium. Es wird viel geklagt in der Arbeitswelt und subjektiv scheint es den Betroffenen so, als seien sie den Bedingungen ausgeliefert. Aber so ist es nicht und es gibt einen Ausweg:  Wir könnten uns entschließen, mit einem anderen Ziel zu arbeiten: Innere Lebendigkeit statt Konsum. Wer so arbeitet, passt sich nicht gedankenlos an. Er hat eine Mission, will einen Beitrag leisten, erfährt Sinn in seinem Tun und kann tiefe Freude an seiner Arbeit empfinden. Das erfordert Mut, denn man muss einerseits in sich hineinhorchen, sich mit sich selbst auseinandersetzen. Andererseits gilt es, sich nach außen auseinanderzusetzen, manchmal hart zu verhandeln, zuweilen auch ungehorsam zu sein, sich unbeliebt zu machen. Nur so wird man innerlich frei und erfährt Erfüllung. Das ist kein leichter Weg.

Der erste Schritt besteht darin, ehrlich zu sich selbst zu sein und sich im Laufe des Tages immer wieder mal zu fragen: „Warum mache ich das, was ich gerade tue, überhaupt?“ Lautet die Antwort: „Weil ich muss, weil es mir gesagt wurde, weil das so erwartet wird“, dann zeugt diese Antwort vom Anpassungsdruck und es wird Zeit für ein bisschen Heldentum.

Weitere Informationen über die Arbeitswelt und zu Marion Lemper-Pychlau finden Sie hier: http://www.trainers-excellence.de/redner/marion-lemper-pychlau.html

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