Panama Papers und der ehrbare Kaufmann – Dr. Mario Buchinger
Die Unterscheidung zwischen “Legal” und “Legitim”: Eine Herausforderung
Aktuell wird im Zuge der Enthüllungen der sogenannten Panama Papers sehr intensiv die Frage diskutiert, inwiefern das Einrichten und Betreiben von Briefkastenfirmen vertretbar ist. Fragen dieser Art wurden in den vergangenen Jahren in vielen Situationen gestellt und beispielsweise vielfach im Bezug auf Managerboni diskutiert. Als der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Hypo-Real-Estate, Georg Funke, nach der Pleite der Bank nachträglich noch Forderung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber in Höhe von 12 Millionen Euro stellte, wurde dies in der Öffentlichkeit massiv kritisiert. Funke hingegen wies stets darauf hin, dass ihm diese Bezüge rechtlich zustünden. Aktuell sind Bonuszahlungen an die Vorstände der Volkswagen AG in der Kritik, die trotz der massiven Verluste durch die Diesel-Betrugsaffäre auf ihre Boni nicht verzichten möchten und bestenfalls einen 30%-igen Abschlag akzeptieren würden. Auch hier berufen sich die Manager auf das ihnen im Vertrag zustehende Recht.
Gesetze haben immer Schwächen
Die Lücken im Gesetz seien nun mal vorhanden und es sei das Recht eines Jeden, diese Schlupflöcher für sich zu nutzen. Rein juristisch ist das sicher richtig, doch inwiefern kann sich eine Gruppe von Menschen, die sich selbst gerne als Elite der Gesellschaft sieht, nur auf rein juristische Betrachtungen berufen? Außerdem heißt es, der Mensch sei, im Gegensatz zu Tieren, intelligent. Wenn dem so ist, dann sollte der Mensch zu mehr fähig sein, als nur seinen eigenen Profit im Rahmen vorhandener Regeln im Fokus zu haben.
Natürlich muss die Gesetzgebung immer wieder den sich auf der Welt ändernden Anforderungen anpasst werden. Identifizierte Lücken müssen geschlossen werden – konsequent und nicht nur als Lippenbekenntnisse. Man muss sich aber auch davon verabschieden, zu glauben, die Gesetzgebung könne alle Fluchtmöglichkeiten eindämmen. Gesetze sind von Menschen für Menschen gemacht und werden daher immer unvollkommen und lückenhaft sein. Daher ist hier auch die Verantwortung der sogenannten Eliten gefragt.
Das sich Menschen an Gesetze halten, ist leider auch nicht selbstverständlich, obwohl es eine grundlegende Voraussetzung sein müsste. Doch das reine Einhalten der Gesetze reicht eben nicht aus. Besonders Menschen in Entscheidungspositionen, wie beispielsweise Politiker oder Manager, haben hier eine ganz besondere Verantwortung, da sie in der Öffentlichkeit stehen und aufgrund ihres Amtes und Mandats eine besondere Vorbildfunktion haben.
Nicht alles, was legal ist, ist automatisch legitim.
Das soll an einem einfachen Beispiel aus dem privaten Leben verdeutlicht werden. In der Gesellschaft ist es nicht strafbar, wenn man in einer Ehe den Partner oder die Partnerin mit jemand anderem betrügt. Juristisch betrachtet ist das Fremdgehen völlig legal. Jedoch dürften hier die meisten Menschen der Überzeugung sein, dass dies nicht fair ist und einen unmoralischen Akt darstellt, somit niemals legitim sein kann. Genauso verhält es sich in der Wirtschaft und der Politik. Insbesondere Personen in Entscheidungspositionen fällt hier eine ganz besondere Rolle zu, diese Unterscheidung genau abzuwägen. Die breite Masse wird sich sonst immer fragen, weshalb sie sich an Moral und Anstand halten soll, wenn “die da oben” es auch nicht tun.
Eine alte Weisheit besagt, Vorstand hieße Vorbild durch Anstand.
Führungspersönlichkeiten sind, ob sie es wollen oder nicht, stets Vorbilder für die Gesellschaft. Und hier kann ein Vorbild auch als Beispiel für ein Fehlverhalten dienen. So wäre es von Herrn Funke sicher angebracht gewesen, in Anbetracht der massiven Pleite des Bankhauses, das er geleitet hat, auf etwaige Boni zu verzichten, auch wenn es diese ihm rein rechtlich zustünden. Auch die Vorstände von Volkswagen wäre ein gutes Vorbild, wenn sie komplett auf Boni verzichten würden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Belegschaft auf einen Sparkurs eingeschworen wird und die finalen Konsequenzen des betrügerischen Handelns noch nicht vollends absehbar sind, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb das Management für sein Handeln belohnt werden soll. Der Begriff “Bonus” heißt übersetzt “gut” und bezeichnet einen Zusatzbestandteil des Gehalts, wenn man was Gutes vollbracht hat. Dies ist mitunter nicht erkennbar.
Bezüglich der zahlreichen Briefkastenfirmen muss dies in einer ähnlichen Art und Weise gesehen werden. Auch wenn das Einrichten von Briefkastenfirmen legal ist, so ist es noch lange nicht legitim. Hier ist die Verantwortung derer gefragt, die in Erwägung ziehen, solche Angebote zu nutzen. Was wollen diese Personen verstecken? Oft liegt dem Nutzen dieser juristisch betrachtet legalen Angebote eine illegale Handlung zugrunde. Aber legitim dürfte das Handeln vermutlich nie sein.
Rückbesinnung auf den “Ehrbaren Kaufmann”
Manager und Politiker müssen sich wieder mehr ihrer Rolle bewusster werden. Ihr Amt ist kein Selbstzweck und kein Selbstbedienungsladen. Insbesondere dieser Personenkreis muss sich wieder mehr dem Kodex des Ehrbaren Kaufmanns zuwenden. Politiker sind Vertreter des Volkes und müssen das langfristige Gesamtwohl der Gemeinschaft im Fokus haben. Manager müssen mehr Unternehmer sein, die sich der langfristigen Verantwortung des Unternehmens, das sie führen, im Klaren sind. Führungspersönlichkeiten sind ihrem Amt verpflichtet und nicht ihrem Profit. Viele scheinen dies nicht gelernt oder vergessen zu haben. Die Folgen können fatal sein. Eine enttäuschte und sich abgehängt gefühlte breite Masse ist der Nährboden für Radikalismus und Unruhen. Die sogenannten Eliten haben es in erster Instanz in der Hand mit gutem Beispiel voran zu gehen.
# Panama Papers # VWGate
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