WISSENSFORUM: TV- und Sternekoch Stefan Marquard – ungewöhnliche Lösungen für ungewöhnliche Probleme
Er mag keine rohe Tomaten und keinen Kaviar, dafür isst er saure Kutteln für sein Leben gern. Vor allem liebt Stefan Marquard aber Rockmusik – genauer gesagt Punkrock. „Kochen ist wie Musik“ ist einer seiner meistzitierten Sprüche. Und genau so wie in einer Band geht es auch in Marquards Küche zu: Harter Sound, cooles Outfit und ziemlich gewagte (Geschmacks-) Noten.
„WIKU“: Herr Marquard, Sie kommen als Referent zum Wissensforum nach Südtirol, haben eine eigene Akademie gegründet und sind auch als Buchautor erfolgreich. Wie wichtig ist es für einen Koch – und für einen Unternehmer –, sein Wissen weiterzugeben?
Marquard: Wer jahrelang in derselben Branche arbeitet und dabei Erfahrungen sammelt, hat irgendwann das Bedürfnis, dieses Know-How weiterzugeben. All jene Dinge, die sich bewährt haben, könnten schließlich auch anderen Menschen nützlich sein. Das war bei mir der Fall. Auf mein Engagement als Referent und Mentor habe ich mich aber trotzdem genau vorbereitet, indem ich meine Arbeit hinterfragt habe. Eine durchaus nützliche Übung, denn ich bin so auf das eine oder andere Problem gestoßen, das ich selbst nicht kannte.
„WIKU“: Wissensvermittlung nützt also nicht nur den „Schülern“, sondern auch den Lehrern.
Marquard: Auf jeden Fall. Wenn man mitten im Geschäft steckt, hat man meist nicht die nötige Distanz, um den eigenen Betrieb zu bewerten. Nur wenn man innehält und das Unternehmen von außen betrachtet, sieht man Fehler und Engpässe.
„WIKU“: Der Fisch gart bei Ihnen mitunter sogar in der Spülmaschine, das Steak wird im Toaster rosig gebraten. Ist Provokation heute immer notwendig für den Erfolg?
Marquard: Wer polarisiert, fällt heute auf. Man kann sich verrückte Dinge allerdings nur dann leisten, wenn man etwas kann, wenn auch etwas dahintersteckt. Ansonsten ist man nur „gaga“ und sonst gar nichts. Dies vorausgesetzt,muss ich gestehen, dass viele meiner extravaganten Praktiken ursprünglich als rasche Lösung einer Notsituation entstanden sind. Etwa damals, als bei einer Großveranstaltung plötzlich der Herd ausgefallen ist. Die Idee mit der Spülmaschine hat den Abend gerettet. Hinterher habe ich dann ein Menü mit 50 verschiedenen Gerichten aus der Spülmaschine zusammengestellt und dies auch meinen Kunden vorgeschlagen. Die Geschichte mit dem Toaster war so ähnlich und hat ebenso Kreise gezogen. Das Angebot hieß „Kochen mit Knall“ und wurde gerade von Firmen gerne gebucht.
„WIKU“: Entsteht Innovation bei Ihnen eigentlich immer als Zufallsprodukt?
Marquard: Innovation kann natürlich Zufall sein, denn gerade aus Notsituationen und Fehlern kann Großes hervorgehen.
„WIKU“: Sie haben in Ihrer Karriere in sehr unterschiedlichen Betrieben gearbeitet. Was können Kleine besser als Große? Und wofür braucht es unbedingt eine gewisse Dimension?
Marquard: Im Betrieb sind wir ein sehr kleines Kernteam, das je nach Bedarf erweitert wird. Und das ist der eigentliche Punkt. Kleinunternehmen sind bestimmt flexibler als große Betriebe. Sie brauchen allerdings verlässliche Partner, um auch große Aufträge wahrnehmen zu können. Eine Veranstaltung mit über 6000 Gästen zu meistern, ist ein wahres Strategiespiel, das ein professionelles Netzwerk verlangt. Dasselbe gilt heute aber auch für die ganz Großen. Mittlerweile sind auch diese Unternehmen auf Kooperationen angewiesen. (mc)